Kosovo: Hoffnung - für jedes Baby

Ungewollte Säuglinge kommen ins SOS-Übergangsheim

Das Übergangsheim des SOS-Kinderdorfs in Pristina nimmt Babys auf, die von ihren Mamas verstoßen wurden. Sie bleiben dort bis sich eine Adoptivfamilie findet. Doch wo kommen die ungewollten Säuglinge überhaupt her?

Der kleine Agim hat keine Mama mehr. Babys wie er kommen nach drei Wochen Krankenhaus oft ins SOS-Transit-Center in Pristina. Foto: Katerina Ilievska

Der kleine Agim weint leise. Eine Kinderkrankenschwester nimmt ihn auf den Arm. Sofort krallt er sich an ihrem Ärmel fest und lässt sie nicht mehr los. Den ganzen Tag lang hat er auf diese Umarmung gewartet. Agim war vom Tag seiner Geburt alleine. Seine Mutter hat ihn in der Frauenklinik am Universitätskrankenhaus in Pristina zurückgelassen. Eine Pflegefamilie hat das Jugendamt noch nicht für ihn gefunden - wahrscheinlich kommt er bald ins SOS-Übergangsheim „Dielli“ (albanisch: Sonne). Hier werden bis zu 24 Kleinkinder im Alter von 0 bis drei Jahren in so genannten Krisenwohngruppen aufgenommen und kurz- oder mittelfristig betreut.

Bittere Armut und Angst vor Ausgrenzung

Zwischen 30 und 40 Babys werden pro Jahr in diesem Krankenhaus in Kosovos Hauptstadt zurückgelassen. Früher waren solche Schicksale Einzelfälle, doch seit dem Kosovokrieg Ende der 90er-Jahre entscheiden sich immer mehr Mütter gegen ihre Neugeborenen. „Sie tun das, weil sie bitterarm sind“, erklärt Sozialarbeiterin Nushe Loxhaj-Bicaj. Ein Viertel der knapp zwei Millionen Kosovaren ist unter 14 Jahren alt und 30 Prozent der Bevölkerung lebt in Armut. Der Kosovo ist eine sehr junge Nation – mit altmodischen Wertvorstellungen. „Oft kommen die jungen Mütter, die hier gebären, gar nicht aus Pristina. Sie flüchten aus ihrem konservativen Umfeld. Ledige Mütter werden häufig gemieden und ausgegrenzt“, berichtet Nushe. In ihrer Verzweiflung sehen die Mütter nur eine Chance – ihr Baby abzugeben.

Schlechte Bedingungen in der Klinik

Die Neugeborenen-Station der Frauenklinik wurde in den vergangenen Jahren verbessert – aber nach wie vor sind die Bedingungen für die Babys unzureichend. „Agim ist ein gutes Beispiel“, sagt Stationsleiter Dr. Teuta Kamberi-Krasniqi. „Anfangs war er angeschlagen und musste behandelt werden. Inzwischen sollte er längst nicht mehr hier sein. Ob füttern, Windeln wechseln, oder baden - hier bekommt er nicht die Fürsorge, die er braucht.“ Die Bürokratie in den Behörden braucht ihre Zeit. So lange liegen die verlassenen Babys alle in einem Raum mit acht Betten, einem Wickeltisch, einer kleinen Badewanne und zwei Stühlen. „Es ist unmöglich, die kleinen Jungen und Mädchen so zu versorgen, wie es bei Säuglingen notwendig ist. Wenn die Krankenschwester alle acht gefüttert, gebadet und gewickelt hat, muss sie beim ersten schon wieder von vorne anfangen. Es bleibt selten Zeit, sie kurz auf den Arm zu nehmen“, schildert die Ärztin die Situation.

Zwei Babys in einem winzigen Bettchen

Im SOS-Übergangsheim werden die Babys liebevoll versorgt - bis sich entweder eine Adoptivfamilie findet oder sie ins SOS-Kinderdorf ziehen. Foto: Katerina Ilievska

Kinderkrankenschwester Lushe Jusufi ergänzt: „Seit wir die kleine Wanne haben, ist es etwas leichter. Davor mussten wir die Babys im Waschbecken saubermachen.“ Die Anzahl der Babys ändert sich oft. Momentan sind es vier – doch vor einem Monat waren 13 Säuglinge gleichzeitig da. Sie lagen zum Teil zu zweit in den winzigen Bettchen. Manche von ihnen kommen in einer Pflegefamilie unter. "Doch der Staat zahlt nur 100 bis 150 Euro pro Baby an die Pflegeeltern. Das reicht niemals für die richtige Ernährung, Vitamine, Impfungen und Untersuchungen", sagt Hana Jedrashi aus dem SOS-Übergangsheim. Oft fehlt in den Pflegefamilien auch das Wissen über die Bedürfnisse von Säuglingen. Am Ende kommen viele zu SOS. Dort finden die Babys und Kleinkinder ein ein familiennahes Umfeld, werden versorgt und erhalten individuelle Zuwendung und Förderung. "Wir kämpfen dann mit den Versäumnissen. Ein Baby wurde wochenlang mit Kuhmilch gefüttert, ein anderes hat über Monate nur Beikost und Wasser bekommen."

Im SOS-Übergangsheim

Schon nach wenigen Tagen verbessert sich der Allgemeinzustand der Kleinen oft wesentlich. Sie bleiben, bis die weitere Betreuung geklärt ist. Ist eine Rückführung in die leibliche Familie nicht möglich, werden für das Kind geeignete Pflege- oder Adoptiveltern aus dem Kosovo gesucht. besonders freuen sich die SOS-Mitarbeiter jedoch darüber, wenn di eKleinen zu ihren "richtigen" Müttern zurückkehren können und diese mit entsprechender Unterstützung in die Lage kommen, ihr Kind selbst groß zu ziehen. Der Kontakt zu den Familien wird behutsam gepflegt und die Übergabe des Kindes in seine neue Umgebung vorbereitet und begleitet.

 

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