"Weihnachten haben wir unsere Freude miteinander geteilt"

Monika Lienhart ist im SOS-Kinderdorf Imst aufgewachsen - besonders gern denkt sie an die Weihnachtszeit zurück

Monika Lienhart war neun Jahre alt, als sie ins SOS-Kinderdorf Imst gekommen ist. "An den Tag, an dem ich mit meinen drei Schwestern zum ersten Mal das Kinderdorf betreten habe, kann ich mich erinnern, als wäre es gestern. Es war der 6. Februar 1958."

 

Weihnachtszeit im SOS-Kinderdorf Imst: Ganz rechts Monika Lienhart mit ihrem kleinen Kinderdorf-Bruder auf dem Schoß.
Anfangs war vieles fremd für Monika Lienhart und ihre Schwestern: die schroffen Berge, der unverständliche Dialekt, das Haus im Tiroler Stil. Und da war diese Frau: "Ich habe lange nicht 'Mama' gesagt", erzählt Monika Lienhart.
Denn an ihre Mutter konnte sie sich gut erinnern, sie hatte ihr Gesicht vor Augen, wusste genau, wie ihre Stimme geklungen hatte. Die Mutter war ein halbes Jahr zuvor gestorben, der Vater hatte die Familie bereits vor Jahren verlassen. Sechs Monate lang lebten die Schwestern alleine, bewältigten irgendwie den Alltag, bis schließlich eine evangelische Gemeindeschwester veranlasste, dass die Kinder ins SOS-Kinderdorf kommen.

 

Trotz aller Scheu vor dem Fremden: Es war auch aufregend. Ein eigenes Bett für jedes Kind - zu Hause hatten die Schwestern sich zu dritt zwei Betten teilen müssen -, die vielen Kinder, das gemeinsame Herumtollen. Und eine Kinderdorf-Mutter, die sich um alles kümmerte. Irgendwann kam das "Mama" ganz von selber. "Heute ist sie wie ein Felsen für mich, ich kann mir gar nicht vorstellen, dass sie mal nicht mehr ist. Sie ist mein Daheim, sie ist die Großmutter meiner Kinder", sagt Monika Lienhart.

 


Monika Lienhart und ihre Schwestern
Zu Hause im SOS-Kinderdorf

Das Familienleben, so erzählt Monika Lienhart von ihrer Zeit im SOS-Kinderdorf, spielte sich vor allem in der "Stube" ab. Dort standen ein großer Tisch, eine Eckbank und ein Schrank mit einer Schublade für jedes Kind. In der Stube hat die große Familie gegessen, gespielt, geredet, gestritten. Dort machten die Kinder ihre Hausaufgaben, und am Sonntag - als besonderer Luxus - hörten alle gemeinsam Radio.

Freizeit, das hieß vor allem draußen sein, im Kinderdorf oder im Wald, gemeinsam mit den anderen Kindern vom Dorf. Gemeinsam ging man zur Schule, im Winter durch den tiefen Schnee, ohne Stiefel, denn Stiefel konnten sich damals nur wenige leisten. "In der Schule hieß es dann: Alle Kinderdorf-Kinder ziehen ihre Wollstrümpfe aus und hängen sie über die Heizung", entsinnt sich Monika Lienhart. Die Lehrerin wusste um den langen Schulweg und seine zahlreichen Gelegenheiten zu Schneeballschlachten und Rangeleien im Schnee.

"Das war wunderschön!" - Erinnerungen an die Weihnachtszeit

Besonders gerne denkt Monika Lienhart an die Advents- und Weihnachtszeit. Am ersten Adventstag ist die Krippe aufgestellt worden, ganz feierlich war da den Kindern. Und die, die brav waren oder etwas Besonderes getan haben, durften einen Strohhalm in die Krippe legen, damit das Jesus-Kind weich liegt. An den Brauch der "Herbergssuche" erinnert sich Monika Lienhart: "Wenn es dunkel geworden ist, sind die Nachbarn mit einem Marienbild gekommen. Wir haben einen schönen Platz für das Marienbild hergerichtet, gemeinsam Tee getrunken, Kekse gegessen und uns unterhalten. Das Bild haben wir am nächsten Tag ins nächste Haus weiter getragen. Das war wunderschön."

Monika Lienhart war "die Große" in der Familie. Sie durfte mit ihrer Kinderdorf-Mutter zusammen die Päckchen für die kleineren Kinder packen, am Heiligen Abend mit den Kindern spazieren gehen, damit die große Bescherung vorbereitet werden konnte. Wenn es dann endlich so weit war, durfte zuerst das jüngste Kind seine Päckchen öffnen - und neun Augenpaare schauten ihm zu. Erst wenn es fertig war, ist das nächste dran gekommen. "So haben wir Freude geteilt", sagt Monika Lienhart. Zu später Stunde sind dann die größeren Kinder mit den Erwachsenen durch den verschneiten Wald in den Ort in die Christmette gestapft. Vor der riesigen Tanne vor dem Gemeindehaus hat man sich getroffen und gesungen.

"Die Kraft, meinen Weg so zu gehen"

 


Seit vielen Jahren glücklich verheiratet: Monika und Alfred Lienhart
Monika Lienhart war eine gute Schülerin, lernte leicht, las leidenschaftlich gerne. Sie besuchte eine weiterführende Schule, was damals für ein Mädchen noch ein Privileg war. Noch während ihrer Schulzeit wurde Monika Lienhart klar, dass sie Krankenschwester werden will.

 

Nach jahrzehntelanger Berufstätigkeit genießt sie mittlerweile ihren Ruhestand. Auch privat hat sie ihr Glück gefunden: Sie ist seit vielen Jahren glücklich verheiratet, Mutter zweier Töchter und Großmutter eines Enkelsohns.

Es gibt Momente, da ist sie selbst erstaunt über den Weg, den ihr Leben genommen hat. Manchmal, erzählt sie, wenn sie ein Stück Schokolade isst, fällt ihr eine Episode aus ihrer Kindheit ein, aus der Zeit, als die Schwestern alleine lebten: "Wir haben eine kleine Schokolade gekriegt, da sind wir alle am Tisch gesessen, haben diese kleine Tafel geteilt und mit Messer und Gabel gegessen. Manchmal, wenn ich heute ein Stück Schokolade esse, dann denke ich mir: Mein Gott, geht es mir gut. Ich bin oft überrascht über mein Leben. So viel Glück zu haben. Und die Kraft, meinen Weg so zu gehen."

 

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