Cha-Cha-Cha in Swasiland

SOS-Kinderdorf-Mutter Simangele Kunene gibt ihren Kindern Liebe, Geborgenheit - und Tanzstunden

 

Tanzschritte neben dem Esstisch: Zwei SOS-Kinder üben zuhause mit Begeisterung Gesellschaftstänze - Fotos: Gunter Bieringer
Der große Esstisch muss weg! Mit viel Gezerre schieben die Kinder das Möbelstück in die Ecke. Eben sind sie vom Spielen rein gekommen, sie tragen T-Shirts, kurze Hosen, Röcke, kunterbunt. Nun finden sie sich zu Paaren zusammen und nehmen Position ein. Den CD-Player an und los: Eins, zwei, Cha-Cha-Cha, eins, zwei, Cha-Cha-Cha, … Nackte Füße tippen den Rhythmus auf den Küchenboden, Arme strecken sich grazil in den Raum. Taktsicher und routiniert drehen sich die kleinen Tänzer aneinander vorbei. Ein ungewöhnliches Bild in Swasiland, wo in der Regel eher afrikanische Tänze gelehrt werden - im SOS-Kinderdorf Mbabane können die Kinder beides lernen: traditionelle und Gesellschaftstänze.

 

Immer im Rhythmus

Simangele Kunene, SOS-Kinderdorfmutter, wiegt sich lächelnd im Takt, in den Händen schon die dampfenden Schüsseln fürs Abendessen. So gerne wäre sie selbst in ihrer Jugend zur Tanzstunde gegangen, aber in ihrer streng gläubigen Familie war die Angst vor zuviel Vergnügen groß. Vor dem Leben bewahren konnten die Eltern ihre Tochter dennoch nicht: Bald lernte Simangele einen Mann kennen, bekam Kinder, aber ihr Mann verließ die Familie. Simangele nahm alle möglichen Jobs an, putzte, kochte, ganz egal, Hauptsache, die Kinder waren versorgt. Irgendwie schaffte sie es tatsächlich, dass alle drei ihre Ausbildung abschließen konnten und heute gut im Leben stehen.

 


Tanzstunde: Eins, zwei...

Liebe und Respekt

Dann wurde Simangele Kunene auf eine Anzeige der SOS-Kinderdörfer aufmerksam, die SOS-Mütter suchten - und war spontan begeistert. Sie bewarb sich - und wurde genau geprüft. Sipho Dlamini, Leiter des zweiten SOS-Kinderdorfs in Swasiland, Nhlangano, sagt: "Wir quetschen die Bewerberinnen regelrecht aus, um die richtigen zu finden." Das gelinge meistens, aber nicht immer. Es habe schon Kandidatinnen gegeben, bei denen sich erst in der Ausbildung gezeigt hätte, dass die wichtigsten Eigenschaften fehlten: Respekt und Liebe für die Kinder. "Von diesen Frauen haben wir uns schnell wieder getrennt", sagt der Dorfleiter.

"Wir haben unglaublich viel gelernt - vor allem über uns selbst!"

Simangele Kunene dagegen wurde bald zur großen Bereicherung für die SOS-Kinderdörfer. 1999 begann sie mit der Ausbildung, durch die sich nach ihren Worten alles änderte. "Wir lernten unglaublich viel: Haushaltsführung, Kindererziehung, Konfliktmanagement, aber vor allem lernten wir uns selbst kennen." Mit gehobenem Selbstbewusstsein ging sie aus der Lehrzeit hervor - eine gute Basis, die es ihr bald ermöglichte, ihrer SOS-Familie den Rücken zu stärken, zehn Kindern Sicherheit zu geben.

 


... und Cha-Cha-Cha!

Die kleine Martha braucht besonderen Schutz

Da ist zum Beispiel die fünfjährige Martha*, ein Mädchen mit einem Engelsgesicht, das 2005 sehr krank ins Kinderdorf kam. Sie hatte immer wieder schwere Hustenanfälle, "bis ihre Lippen ganz blau wurden. Ihr Gaumen war regelrecht schwarz", erzählt die SOS-Mutter. Schließlich wurde festgestellt, dass Martha Asthma hat und in Absprache mit einem Arzt begann Simangele Kunene die Behandlung. Langsam ging es dem Mädchen besser, aber auch heute noch braucht Martha besonderen Schutz. Wenn es draußen sehr kalt ist, lässt die Mutter sie lieber im Haus spielen. Anfangs protestierte Martha, also erklärte die Kinderdorf-Mutter, ihr selbst gehe es heute auch nicht so gut und am besten blieben sie doch beide drinnen. Mit wichtiger Miene konnte Martha nun den anderen erklären: "Mama und ich sind krank!" Und wenn Martha mal nicht essen will, weil alles, was in ihrem Hals passiert, unangenehme Gefühle hervorruft, nimmt Simangele Kunene den Löffel und füttert die Kleine mit unendlicher Geduld. Sanft streicht sie ihr über die Kehle - ersetzt die schlechten Gefühle durch gute.

 


Mit unendlicher Geduld: Kinderdorf-Mutter Simangele Kunene füttert ihr krankes Kind.

"Ach, Mama!"

Ganz andere Sorgen haben ihre ältesten Kinder: "Nein, Danke, Mama, ich esse nicht mehr soviel, du weißt schon: wegen der Figur." - "Ach, Mama, ich würde mir die Haare ab jetzt lieber im Salon frisieren lassen und nicht mehr von dir hier im Wohnzimmer." Die Kinderdorf-Mutter lächelt und lässt die Kinder ihre Erfahrungen machen. Regelmäßig kommen auch ihre leiblichen Kinder zu Besuch. Manchmal seien sie eifersüchtig: Du liebst sie mehr als uns! Dann nimmt Simangele ihre Großen fest in den Arm, bis sie spüren, dass die Liebe ihrer Mutter für alle reicht.

Die Kinder sind stolz auf ihre vielen Pokale

Bleibt noch Simangeles Traum vom Tanzen: Eines Tages organisierte sie einen Lehrer, der Müttern und Kindern Gesellschaftstänze beibrachte, solange, bis sie selbst den Unterricht übernehmen konnte. Seitdem wird die Zahl der Tänzer immer größer, auf vielen Turnieren haben die jungen Paare bereits ihr Können präsentiert. Stolz zeigen die Kinder ihre vielen Pokale vor. Simangele Kunene lässt keine Übungsstunde vergehen, ohne selber mitzutanzen. Geführt von einem der älteren Jungen schwebt sie dann leichtfüßig durch den Raum - mit einem feinen Lächeln, das einfach nicht weichen will.

* Name von der Redaktion geändert

 

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