Zahlreiche Familien haben durch die Arbeit auf dem informellen Sektor und der unsicheren finanziellen Situation keine geregelten Einkünfte
Ibagué liegt etwa 200 km von der Landeshauptstadt Bogotá entfernt, hat ca. 500 000 Einwohner und ist die Hauptstadt der Provinz Tolima. Aufgrund der zentralen Lage zwischen Bogotá und Cali ist Ibagué ein wichtiges Handelszentrum der Region. In der Umgebung werden überwiegend Kaffee und Reis angebaut, und auch die Textilindustrie spielt landesweit eine bedeutende Rolle.
Nichtsdestotrotz war die Arbeitslosigkeit in den letzten zehn Jahren die höchste in ganz Kolumbien. Zahlreiche Menschen arbeiten auf dem informellen Sektor. Die Maßnahmen der Regierung sowie Anreize für Kleinstunternehmen haben die Lage der Menschen im Departement Tolima zwar etwas gebessert, aber mit ca. 18 Prozent (90 000 Menschen) ist die Arbeitslosenrate nach wie vor sehr hoch. Ibagué ist eine geteilte Stadt: der Norden ist mit zahlreichen Einkaufszentren, Hotels und Appartementhäusern sehr modern, der Süden besteht überwiegend aus sogenannten „einfachen Vierteln“, in denen große Armut herrscht.
Kinder, die von Gewalt umgeben sind, brauchen Schutz und Sicherheit
Vor allem in den einfachen Vierteln ist die Kinderarbeit ein sehr ernstes Problem. Schätzungen zufolge müssen mindestens 10 Prozent aller Kinder zum Familieneinkommen beitragen. Sie arbeiten als Straßenverkäufer, Hausangestellte oder in der Landwirtschaft. Die Armut ist einer der Hauptgründe dafür, dass Kinder zum Arbeiten gezwungen werden, aber auch ein kulturelles Problem. Viele Eltern sind davon überzeugt, dass eine Arbeit in jungen Jahren die Kinder „formt“ und auf ein Leben als Erwachsene vorbereitet.
Häufig ist die Arbeit, die Kinder verrichten müssen, gesundheitsschädlich und beeinträchtigt ihre Chancen auf Bildung. Darüber hinaus laufen sie Gefahr, Opfer sexueller Ausbeutung zu werden. Zahlreiche Kinder und Jugendliche werden von Guerilla-Banden rekrutiert. Damit Kinder vor dieser Gewalt beschützt werden, muss ihre Bildung sichergestellt werden, so dass sie den Armutszyklus durchbrechen, einen Beruf erlernen und ein erfolgreiches Leben führen können. Dazu müssen auch die Eltern unterstützt und geschult werden.
Unsere Arbeit in Ibagué
SOS-Kinderdorf begann seine Tätigkeit in Ibagué im Jahr 1985 nach dem verheerenden Vulkanausbruch, der die Stadt Armero unter einer Schlammlawine begraben hatte. Das Kinderdorf ist etwa 50 km vom damaligen Katastrophengebiet entfernt.
Das SOS-Sozialzentrum bietet ein ganzheitliches und nachhaltiges Familienstärkungsprogramm, um die Not der lokalen Bevölkerung zu lindern. Das Angebot umfasst auch eine Kindertagesstätte, in der berufstätige Eltern oder alleinerziehende Mütter ihre Kinder in sicherer Obhut lassen können, während sie ihren Lebensunterhalt verdienen.
Bis zu 162 Kinder, die nicht länger bei ihren Eltern leben können, finden in 18 SOS-Familien ein liebevolles Zuhause. Hier werden sie gemeinsam mit ihren Geschwistern von SOS-Müttern fürsorglich betreut.
Wenn junge Menschen dem Kinderdorf entwachsen und ein Studium oder eine Berufsausbildung beginnen möchten, bietet unser SOS-Jugendprogramm die Möglichkeit betreuter Wohngemeinschaften. Unter der Aufsicht qualifizierter Fachkräfte können die jungen Menschen ihre Zukunft planen, zunehmend Verantwortung übernehmen und sich auf ein Leben in Unabhängigkeit vorbereiten.