Das SOS-Kinderdorf Leh-Ladakh liegt am Indus-Fluss 7 km vor der Stadt Leh in der Region Ladakh im indischen Bundesstaat Jammu und Kaschmir. Die Region ist für die Schönheit ihrer unberührten Landschaft bekannt, aber das Leben der Menschen ist sehr hart. Die Gegend wird aufgrund des großen Einflusses der tibetischen Kultur manchmal auch „Klein-Tibet“ genannt. Die Mehrheit der Bevölkerung von Leh sind tibetische Buddhisten.
Die tibetische Gemeinde Sonamling wurde 1969 in Ladakh gegründet. Ursprünglich wurden 920 tibetische Flüchtlinge in Sonamling angesiedelt. Im Laufe der Jahrzehnte ist die Gemeinde auf mittlerweile über 5500 Einwohner angewachsen. Zwei Generationen Tibeter sind im Exil geboren und aufgewachsen. Viele Kinder aus Tibet werden von ihren Familien ins Exil geschickt, weil sie keine andere Möglichkeit sehen, ihnen eine tibetische Ausbildung zu ermöglichen.
Die ersten Siedler erhielten ein Stück Land, um sich selbst versorgen zu können. Im Zuge des Bevölkerungswachstums mussten neue Einkommensquellen erschlossen werden. Die indische Regierung hat den Tourismus in der Region gefördert. Zahlreiche Tibeter arbeiten daher heute im Dienstleistungssektor und betreiben Restaurants, Hotels oder Geschäfte.
Die tibetische Zentralverwaltung in Dharamsala versucht, die tibetische Kultur zu bewahren und zu fördern. In Ladakh leitet die Exilregierung Schulen, Krankenhäuser und Altenheime, bietet berufliche Lehrgänge und vergibt Kleinkredite, damit Arbeitslose und junge Menschen Einkünfte erwirtschaften können. Aufgrund des anhaltenden Flüchtlingsstroms aus Tibet herrscht jedoch ein zunehmender Mangel an Ressourcen.
Trotz aller einkommensschaffenden Maßnahmen ist die Arbeitslosigkeit in der Region nach wie vor sehr hoch. Infolgedessen leben immer mehr Familien in Armut. Die Flüchtlinge aus Tibet waren in ihrer Heimat häufig Opfer von Repressionen und Gewalt. Ihre seelischen Narben bleiben, auch wenn sie versuchen, sich mit ihren Familien im Exil ein neues Leben aufzubauen.
Angesichts der steigenden Zahl tibetischer Familien und Flüchtlingskinder in Leh-Ladakh beschloss unsere Organisation den Bau eines weiteren Kinderdorfs in der Region. Alle Kinder in unserer Obhut haben die elterliche Fürsorge verloren. Ihre Eltern sind entweder verstorben oder leben in Tibet, in anderen Landesteilen oder im Ausland.
Das SOS Kinderdorf Leh-Ladakh leitet eine Kindertagestätte, eine Grund- und Sekundarschule und ein Berufsbildungszentrum. Unsere Angebote umfassen darüber hinaus medizinische Versorgung und familiennahe Betreuungen. Aufgrund der großen Zahl tibetischer Flüchtlingskinder haben die tibetischen SOS-Kinderdörfer meist wesentlich mehr Bewohner als andere Kinderdörfer.
Kinder ohne elterliche Fürsorge können gemeinsam mit ihren Geschwistern in einer SOS-Familie aufwachsen. Angesichts der großen Zahl verwaister und verlassener Kinder können manche SOS-Familien aus dreißig oder mehr Mitgliedern bestehen. Damit die SOS-Mütter mehr Zeit für die Kinderbetreuung haben, werden alle Mahlzeiten in der Gemeinschaftsküche zubereitet und anschließend an die SOS-Familien verteilt. Junge Menschen leben in betreuten Wohngemeinschaften, während sie eine Berufsausbildung oder ein Studium absolvieren. Kleine Kinder aus dem SOS-Kinderdorf besuchen den SOS-Kindergarten. Ältere Kinder werden in der Grund- und Sekundarschule von SOS-Kinderdorf nach traditionellem tibetischem Glauben unterrichtet.
Das SOS-medizinische Zentrum bietet den SOS-Familien und der lokalen Bevölkerung ärztlichen Beistand. Im SOS-Berufsbildungszentrum werden zahlreiche Lehrgänge in Kunst und Kunsthandwerk angeboten, damit junge Menschen für ihr Auskommen sorgen können.