12. Juni 2016 | NEWS

Tag gegen Kinderarbeit

"Unternehmen, die Hungerlöhne an Erwachsene zahlen, sind für Kinderarbeit mitverantwortlich!" - Radio-Interview mit Pressesprecher der SOS-Kinderdörfer

Kinderarbeit – anstatt zu spielen oder zur Schule zu gehen, müssen weltweit Millionen Kinder den Lebensunterhalt ihrer Familien durch vielfach schwere und gefährliche Arbeit unterstützen. Von Anfang an wird diesen Kindern damit auch die Chance genommen, aus dem Kreislauf der Armut auszubrechen. Und was stupide, harte Arbeit nicht nur für körperliche, sondern auch seelische Spuren hinterlässt, können wir uns nur ansatzweise vorstellen. Der „Internationale Tag gegen Kinderarbeit“ am 12. Juni will auf dieses Unrecht hinweisen – und es sollte uns als Konsumenten nicht egal sein, ob die Produkte, die wir hier bei uns kaufen, auch mit Hilfe von Kinderarbeit hergestellt wurden. Darüber spricht Louay Yassin, Pressesprecher der SOS-Kinderdörfer weltweit, im Radiointerview.

Anhören:

 

Herr Yassin, der Fokus beim diesjährigen „Internationalen Tag gegen Kinderarbeit“ liegt auf den Kindern, die in Zuliefererbetrieben arbeiten müssen. Hier geht es natürlich auch um Produkte, die es bei uns zu kaufen gibt. Welche Bereiche bzw. welche Waren betrifft das denn hauptsächlich?


Kinderarbeit als Müllsammler: Junge auf einer Müllhalde in Medan, Indonsien (Sumatra) - Foto: Benno Neeleman

Da gibt es leider sehr viele. Kleidung ging ja schon häufig durch die Medien. Lebensmittel aller Art gehören auch dazu, vor allem die aus armen Ländern kommen: Kaffee, Kakao, aber auch Früchte oder Zucker. Und kein Handyhersteller kann wirklich sicherstellen, dass in der Produktionskette vor allem der seltenen Erden oder Kobalt keine Kinder in Minen arbeiten müssen. Auch Gold wird nicht selten mit Kinderarbeit hergestellt. Weltweit müssen fast 170 Millionen Kinder arbeiten statt zur Schule zu gehen. Die Hälfte davon verrichtet sogar sehr gefährliche oder sehr gesundheitsschädliche Arbeit.

Nun würden viele Verbraucher sicher sehr gerne auf Produkte verzichten, die mit Kinderarbeit hergestellt wurden – das Problem ist nur, man sieht es diesen Produkten ja nicht an. Gibt es eine Art „frei von Kinderarbeit“-Siegel, auf das man vertrauen kann?

Da gibt es zum Beispiel das GOTS-Siegel oder das IVN-Siegel. Das Fairtrade-Siegel kennen glücklicherweise schon viele Menschen. Fair Wear gibt es auch oder Öko-Tex 100. Wir wünschen uns ein globales Siegel gegen jede Art von Kinderarbeit - und Hersteller, die ihre gesamte Lieferkette überprüfen, ob irgendwo Kinder in der Produktion eingesetzt sind.

Offensichtlich ist Kinderarbeit unter Flüchtlingen auch zunehmend ein Thema. In welchen Ländern sind Kinder von Flüchtlingsfamilien da besonders gefährdet?

Momentan sind natürlich syrische Flüchtlingskinder besonders gefährdet. In den Flüchtlingscamps in Jordanien, im Libanon oder der Türkei müssen oft schon 6-jährige Kinder arbeiten, um der Familie das Überleben zu sichern. Die Kinder sind meistens schwer traumatisiert durch Krieg und Flucht und dann müssen sie auch noch arbeiten statt in die Schule zu gehen - das ist wirklich sehr schwer erträglich.

Wie kann man Kinderarbeit bekämpfen? Müsste die Politik, müssten die Regierungen nicht viel vehementer die Unternehmen in die Pflicht nehmen, dass auch sie strikter darauf achten, dass in ihren Produktionsketten keine Kinderarbeit zugelassen wird?

Ja, unbedingt. Die Hauptursache für Kinderarbeit ist Armut. Bitterste Armut. Familien, die wenigstens ein Grundauskommen haben schicken ihre Kinder selten arbeiten. Die SOS-Kinderdörfer unterstützen daher weltweit arme Familien, damit die Kinder zur Schule gehen können und auf eine bessere Zukunft hoffen können. Und wir unterstützen natürlich Flüchtlingsfamilien. Das ist das absolute Gebot der Stunde. Und – das ist wichtig – wir fordern Unternehmer auf, ihrer sozialen Verantwortung auch in armen Ländern gerecht zu werden: Wer Hungerlöhne an Erwachsene zahlt, ist für Kinderarbeit mitverantwortlich.

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