Kampf gegen Aids: Eine Ärztin erzählt

Schicksal eines HIV-infizierten Mädchens im Senegal

Dr. Mossane Dominique Ndour arbeitet als leitende Ärztin im Medizinischen SOS-Zentrum Kaolack im Senegal. Hier erzählt sie von Fily, einem HIV-infizierten Mädchen, das sie behandelte. Eine traurige Geschichte.

"Im Februar 2011 kam ein kleines, vierjähriges Mädchen mit seiner Mutter zu uns ins Medizinische SOS-Zentrum in Kaolack. Sie hieß Fily*, war mangelernährt und hatte eine Lungenentzündung. Sie litt zudem an Anämie, also an Blutarmut.

Wir behandelten sie im Zentrum zehn Tage lang stationär: Sie bekam Antibiotika, Vitamin A und proteinreiche Spezialnahrung. Als es ihr wieder besser ging, verließ sie das Zentrum, und sie wurde von uns noch einen Monat ambulant versorgt. Zu weiteren Folgeuntersuchungen brachten die Eltern Fily jedoch dann nicht mehr.
Zwölf Monate später erschien die Mutter wieder, weil Fily Schmerzen hatte. Das Mädchen litt an einer schweren beidseitigen Mittelohrentzündung, an einer Pilzinfektion im Mund sowie an mehreren eitrigen Abszessen. Da die Symptome auf ein geschwächtes Immunsystem des Mädchens hindeuteten, empfahl ich einen HIV-Test. Das Medizinische SOS-Zentrum in Kaolack ist in das nationale senegalesische Anti-Aids-Programm eingebunden und bietet HIV-Tests an: für Eltern und Kinder, bei der Schwangerenfürsorge und Einweisungen ins Krankenhaus.

HIV-Infektion durch Mutter-Kind-Übertragung

Das Testergebnis bestätigte, was ich befürchtet hatte: Fily war HIV-positiv. Ich erklärte Mutter und Vater, woran ihre Tochter erkrankt war. Beiden riet ich, sich ebenfalls testen zu lassen. Die Wahrscheinlichkeit war hoch, dass Fily sich durch Mutter-Kind-Übertragung infiziert hatte - also während der Schwangerschaft, der Geburt oder beim Stillen – und dass sich auch die Ehepartner gegenseitig angesteckt hatten. Auch der Vater litt an mehreren Abszessen. Filys Mutter schien jedoch gesund zu sein, wie auch ihr Jüngstes, ein drei Monate altes Baby.
Die Eltern willigten ein und ließen sich testen. Das Ergebnis: Sowohl die Mutter als auch der Vater waren ebenfalls HIV-positiv. Das Baby konnten wir nicht testen, da wir die Tests für Säuglinge an unserem Zentrum in Kaolack nicht anbieten, sondern nur in der Hauptstadt Dakar, wo die SOS-Kinderdörfer ebenfalls ein medizinisches SOS-Zentrum betreiben.
Um das Baby untersuchen zu lassen, vereinbarte ich einen Termin in der Kinderklink Kaolack, die in der Region auf HIV/Aids-Behandlungen spezialisiert ist. Auch Fily wurde dort behandelt. Sie erhielt antiretrovirale Medikamente als HIV-Therapie. Ihr Gesundheitszustand besserte sich wieder.

Armut, Unwissenheit und Angst vor Ausgrenzung

Dr. Mossane Dominique Ndour, Leitende Ärztin im Medizinischen SOS-Zentrum Kaolack im Senegal

Filys Familie ist arm. Die Eltern leben bei den Großeltern im gleichen Haus und sind auf deren Unterstützung angewiesen. Sie erzählten zuhause nie, woran Fily erkrankt war. Sie gingen auch nicht zu dem vereinbarten Folgeterminen ins Kinderkrankenhaus. Auch sorgten sie nicht dafür, dass Fily ihre Pillen regelmäßig nahm. Die Medikamente sind im Senegal teuer – zu teuer für Filys Eltern. Sie brachten ihre Tochter immer dann ins SOS-Zentrum, wenn es ihr wieder schlechter ging. Hier fanden sie einen Arzt und die Behandlung war kostenlos.

Eines Nachts versagte Filys Atmung nach einer Lungeninfektion und ihr Herz hörte auf zu schlagen. Sie erlebte ihren sechsten Geburtstag nicht.
Es machte mich krank!
Fily starb, weil ihre Krankheit so spät erkannt und behandelt worden war und weil sie nur unregelmäßig Medikamente bekommen hatte.
Sie starb vor allem auch wegen der Unwissenheit ihrer Eltern: Gerade die Mutter ist durch Aufklärung schwer zu erreichen, da sie nicht lesen und schreiben kann. Fily starb nicht zuletzt deswegen, weil ihre Eltern Angst hatten, als HIV-Infizierte ausgegrenzt zu werden und deshalb die Krankheit ihrer Tochter verheimlichten. Filys Schicksal ist leider kein Einzelfall. Ihr Leben hätte gerettet werden können."

* Name zum Schutz der Privatsphäre geändert

HIV/Aids: Wie die SOS-Kinderdörfer helfen

Der Kampf gegen Aids beginnt im Kindergarten, wo SOS-Mitarbeiter über die Krankheit aufklären. SOS-Gesundheitszentren behandeln Kinder oder deren Eltern. Die SOS-Familienhilfe steht Großeltern bei, die ihre verwaisten Enkelkinder versorgen. Im Kinderdorf finden Aids-Waisen ein neues Zuhause. Hier erfahren Sie, wie die SOS-Kinderdörfer im Kampf gegen HIV/Aids helfen.

 

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