Gestohlene Jugend

Sabina Zaler war 17, als sie das KZ Auschwitz überlebt hatte. In den Jahren darauf versuchte sie nachzuholen, was ihr genommen worden war.

Überlebensmut nach Auschwitz

Sabina Zaler wurde am 10.07.1927 in Krakau geboren. Sie starb am 13.03.2012 in Berlin.

Sabina wäre bereit gewesen, die Welt zu erobern. Als jüngste von vier Töchtern wuchs sie mit ihrer Familie in Krakau auf. Geliebt und behütet wusste sie als Nesthäkchen, ihre Eltern um den Finger zu wickeln. Wie damals, als sie sieben war und unbedingt und sofort dieses wunderschöne Fahrrad haben wollte, ausgerechnet an einem Sabbat. Die Familie Zybner war jüdischen Glaubens, und so war es ihnen nicht erlaubt, am Sabbat Geld bei sich zu tragen. Schließlich bekam Sabina das Fahrrad noch am gleichen Tag, der Vater bezahlte einen Tag später.

 

Sabina durfte die Welt nicht erobern. Sie war 13, als die Nazis sie 1940 zusammen mit ihrer Familie ins Krakauer Ghetto steckten. Sie war 15, als ihr Vater erschossen wurde. Bald darauf wurde ihre älteste Schwester Edzia abtransportiert und ermordet. Die Mutter und die drei verbliebenen Töchter kamen über das Lager Plaszow ins KZ Auschwitz. Sabina bekam 25 Schläge mit der Peitsche, die Striemen blieben für immer. Sabina, ihre beiden Schwestern und ihre Mutter überlebten.

Wie kann man danach weitermachen? Die Frauen hielten sich aneinander fest, zusammenbleiben war jetzt alles. Und sie suchten das Leben, sehr schnell. Der Krieg war gerade vorbei, da heirateten die Schwestern zwei Brüder und deren Freund. Alle drei Paare bekamen Kinder. Gemeinsam zog man von Krakau erst nach Israel, dann nach Berlin, wo die Familie ein Mietshaus besaß. Aber die Ehen hielten alle nicht lange, bald waren die Frauen wieder auf sich gestellt.

 

Stark und elegant – so wirkte Sabina Zaler vor ihrer Erkrankung.

Sabina, die nun mit Nachnamen Zaler hieß, war energisch, lebens- und bildungshungrig, schön, elegant und trotz allem humorvoll. Nun holte sie nach, was ihr möglich war: Sie arbeitete erst als Mannequin, dann als Einkäuferin für Haute Couture, später eröffnete sie gemeinsam mit ihren Schwestern ein Modegeschäft, anschließend ein Buchhaltungsbüro und eine Hausverwaltung. Aber am wichtigsten war für sie ihre Tochter Maria. Als Maria 1968, mitten im Abitur, an der Hongkong-Grippe erkrankte und bald darauf starb, brach für Sabina alles zusammen.

Nach außen hin war sie weiter erfolgreich, unter anderem gründete sie die legendäre Bar "Rum Trader" in Berlin. "Aber sie war nicht mehr sie selbst", sagt Sura Sylwia Zaler, ihre Nichte. Jahr für Jahr stellte Sabina Zaler an Marias Geburtstag Baccararosen auf ihr Grab. Als ihre Nichte irgendwann feststellte, dass die Rosen fehlten, ahnte sie, dass etwas nicht stimmte. Ihre Tante war an Demenz erkrankt.

Sabina Zaler starb am 13. März 2012. Ihr Wunsch war es, mit ihrem Nachlass die SOS-Kinderdörfer zu unterstützen, denn, so ihre Worte, "Kinder brauchen Schutz und in den SOS-Kinderdörfern bekommen sie diesen". In Israel soll nun ein SOS-Familienhaus gebaut werden – mit dem Namen ihrer Tochter.

Simone Kosog

 

 

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