Ausgesetzt – und aufgefangen

Pflegefamilien für verlassene Kinder in Äthiopien

Tag für Tag werden im äthiopischen Jimma zwei, drei Babys ausgesetzt. Die SOS-Kinderdörfer unterstützen Pflegeeltern, die verlassene Kinder aufnehmen.

Geliebt und glücklich: Die kleine Marcia mit ihrer (Pflege-)Mutter Maza. Foto: Jakob Fuhr

Es ist trauriger Alltag im äthiopischen Jimma. Auf den Stufen der örtlichen Polizeistation, vor Krankenhauseingängen oder am Straßenrand. Dort findet man sie, durchschnittlich zwei- bis dreimal am Tag. Neugeborene, deren meist minderjährige Mütter ihre Babys aussetzen, um der gesellschaftlichen Ächtung zu entkommen, die unverheiratete Eltern trifft. Und das in einem Land, in dem Diskriminierung von Frauen ohnehin an der Tagesordnung ist.

"Babys werden auch immer wieder vor unserem Dorfgelände ausgesetzt", sagt Ebisa Jaleta, Leiter des SOS-Kinderdorfes in Jimma, "wenn wir sie finden, verständigen wir sofort die Polizei. Ledige Mütter sind hier leider nach wie vor ein kulturelles Tabu."

SOS unterstützt ausgesetzte Kinder und die, die helfen wollen

Neben der Betreuung von schutzlosen Kindern im Kinderdorf hat es sich SOS Äthiopien seit 2015 zur Aufgabe gemacht, verlassenen Babys ein neues Zuhause zu vermitteln, bei ausgesuchten Pflegefamilien oder Verwandten, die man ausfindig macht. Zusammen mit lokalen Behörden wie dem örtlichen Kinder- und Jugendamt sucht man landesweit nach geeigneten Plätzen in einer Pflegefamilie.

SOS unterstützt die Pflegeeltern mit Lebensmittelspenden und medizinischer Versorgung. Dies ermöglicht es auch Paaren, ein Kind aufzunehmen, die die finanziellen Voraussetzungen für eine Pflegeelternschaft oder eine Adoption nicht erfüllen. Hinzu kommt pädagogisches Eltern-Coaching. So besucht ein SOS-Mitarbeiter die Pflegefamilien regelmäßig und steht beratend zur Seite.

Ein Happy-End für Marcia

Stolzer Papa: (Pflege-)Vater Abebe mit Marcia. Foto: Jakob Fuhr

Marcia war eines dieser Babys, deren Zukunft alles andere als gewiss war, als ihre leibliche Mutter sie unmittelbar nach der Geburt in einem Krankenhaus zurückließ und die Flucht ergriff. Ein dunkler Tag für die Neugeborene und ein glückliches Schicksal für Maza Haile Selassie und ihren Ehemann Abebe Zida, die sich der kleinen Marcia an- und sie in ihre Familie aufnahmen. Drei Jahre ist das bereits her, und Maza hat diesen Schritt noch kein einziges Mal bereut: "Ich liebe Kinder", schwärmt sie, "wir hatten uns so sehr ein zweites Kind gewünscht, damit unsere leibliche Tochter noch ein kleines Geschwisterchen bekommt." Es soll Marcia in ihrer neuen Familie an nichts fehlen. Ihre (Pflege-)Mutter hat auch schon ganz konkrete Vorstellungen: "Ich möchte, dass meine Tochter Marcia die beste Erziehung genießt, die sie bekommen kann, damit sie eines Tages selbständig ist und für sich selbst sorgt. Ich möchte, dass sie Ärztin wird und anderen hilft."

Eine Rettung, die Kreise zieht

Seit 2015 haben es die SOS-Kinderdörfer in Äthiopien geschafft, mit der Hilfe von Behörden und lokalen Organisationen, für 150 Kinder, die ausgesetzt wurden, ein neues Zuhause, eine neue Familie zu finden. Langfristig hofft man, in den kommenden fünf Jahren über 2000 verlassene Kinder an Pflegefamilien zu vermitteln oder nahe Verwandte ausfindig zu machen, die diese bei sich aufnehmen. Mit dem Pflegefamilien-Programm rettet man nicht nur unmittelbar Leben, man schafft auch die Voraussetzung für eine sichere und stabile Zukunft für ungewollte Kinder und arbeitet Stück für Stück auf ein Umdenken in der Gesellschaft hin.

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