Der siebenjährige Laith* ist seit Mai 2018 in der Obhut der SOS-Kinderdörfer und beginnt nur langsam, seine furchtbaren Kriegs- und Fluchterfahren zu verarbeiten. Psychologen und geschulte SOS-Mitarbeiter unterstützen ihn dabei.
Hungrig und erschöpft liegt Laith auf dem Boden des dunklen Tunnels, in dem er sich seit Tagen mit seiner Familie versteckt. "Laith, Du musst das Baby nehmen", weckt ihn seine Mutter, als er gerade eingeschlafen ist. "Ich muss raus und Milch für den Kleinen und etwas zu Essen für uns besorgen". Laith nimmt das Baby und seine Mutter verlässt den Tunnel. Seine große Schwester nimmt sie mit.
"Ich erinnere mich, dass ich keine keine Bomben hörte, als die beiden gegangen sind. Doch ein paar Minuten später hat eine Rakete eingeschlagen und es fühlte sich an, als ob der Tunnel über uns zusammenbricht", erzählt Laith von dem verhängnisvollen Tag.
Die Mutter stirbt bei dem Angriff, die Schwester wird schwer verletzt und fällt ins Koma. Laiths Vater, der den Gedanken nicht aushalten kann, noch ein weiteres Familienmitglied zu verlieren, versucht mit seinen Kindern aus dem belagerten Gebiet zu fliehen. Die Flucht gelingt, doch als sie den humanitären Korridor überquert haben, wird der Vater vom Militär zwangsrekrutiert und die Kinder dem Syrisch-Arabischen Roten Halbmond übergeben. Der Hilfsorganisation gelingt es, die Kinder aus Ost-Ghouta herauszubekommen und nach Damaskus zu bringen, wo sie in die Obhut der SOS-Kinderdörfer kommen.
Ein ernster und verantwortungsbewusster Junge
Laith und seine Geschwister finden Zuflucht in einem SOS-Übergangsheim, wo sie seitdem betreut werden. "Das, was Laith bislang vom Leben kennengelernt hat, hat ihn zu einem ernsten und verantwortungsbewussten Jungen gemacht", berichtet SOS-Mitarbeitern Rana, sie sich um Laith und seine Geschwister seit ihrer Ankunft kümmert. "Gleich in der ersten Sitzung mit unserem Psychologen ist das aufgefallen. Laith ist unglaublich glücklich, nicht jeden Tag Angst haben zu müssen und zur Schule gehen zu können. Er genießt es, ein eigenes Bett zu haben, einen Schrank für sich allein und Spielsachen. Jeden Morgen macht er sein Bett und setzt seinen Lieblingsteddy ordentlich auf das Kopfkissen." Rana hat den Jungen in ihr Herz geschlossen. Sie wünscht sich, dass Laith loslassen kann und im Laufe der Zeit lernt, Kind zu sein, anstatt sich wie ein kleiner Erwachsener zu verhalten.
Laith hat gleichaltrige Freunde gefunden und spielt gerne Fußball. Wenn man ihn auf dem Bolzplatz beobachtet, dann macht das Hoffnung, dass es dem Jungen eines Tages gelingen wird, seine schrecklichen Erlebnisse zu verarbeiten. Seine SOS-Familie und das geborgene Zuhause im neuen SOS-Haus Sahnaya werden Laith sicherlich dabei helfen.
* Name wurde zum Schutz des Kindes geändert.