30. März 2015 | PRESSEMITTEILUNG

"Eltern, holt Euch Hilfe" / Zum "no hitting day": Um den Kinderschutz ist es schlecht bestellt

30.03.15, München - Sind Kinder in ihrer eigenen Familie in Gefahr, müssen sie so schnell wie möglich raus, findet Psychologe Dr. Christoph Schneidergruber. Er ist Leiter des SOS-Krisenzentrums in Moosburg und erklärt, welche langfristigen Auswirkungen Gewalt auf Kinder haben kann.

Der Papst hat im Januar behauptet, man könnte Kinder schlagen, ohne ihre Würde zu verletzen. Was meinen Sie dazu?

Schneidergruber: An dieser Aussage sieht man, wie schlecht es weltweit um den Kinderschutz bestellt ist: In 39 Länder ist es strafbar, Kinder zu schlagen, in den USA ist es zum Beispiel immer noch bis zu einem gewissen Grad erlaubt.

Glauben Sie, dass Eltern, die ihre Kinder schlagen, auch selbst in ihrer Kindheit geschlagen wurden?

Schneidergruber: Das ist sehr häufig der Fall. Ich glaube, dass das Muster sich aus der der eigenen Kindheit widerspiegelt. Wir erleben das immer wieder; Eltern, die überfordert sind, wenden auch selbst eher Gewalt an.

Wie wirken sich Schläge auf Kinder aus?

Schneidergruber: Immer wenn ein Kind, egal wohin, geschlagen wird, hat es das Gefühl des Ausgeliefertseins, der Hilflosigkeit und Demütigung. Das Sicherheitsgefühl wird tief erschüttert. Die Folge: Massiver Vertrauensverlust. Das Kind erlebt jetzt, dass dem Erwachsenen Emotionen, Überzeugungen und Regeln wichtiger sind, als es selbst. Damit hat ein Kind nur zwei Möglichkeiten der Reaktion: Unterwerfung - mit schüchternen, ängstlichen und angepassten Verhalten, wobei das Erlebte oft verdrängt wird. Die andere Möglichkeit: Gegenaggression. Dabei wird das Kind selbst aggressiv. Oft bricht sich diese Aggression erst im Jugend- oder Erwachsenenalter Bahn. Das kann umschlagen in Autoaggression, also Selbstverletzungen und bis zu Drogenkonsum oder Suizidgefährdung führen.

Welche Alternativen gibt es zu Schlägen?

Schneidergruber: Das wichtigste für Eltern ist, Kommunikationsfähigkeit zu entwickeln: Gewalt ist immer ein Ausdruck der elterlichen Hilflosigkeit und oft auch Sprachlosigkeit. Eine wichtige Rolle spielt die Sprache, die Formulierung, die eigene Psychohygiene. In schwierigen Situationen hilft es Eltern oft, jemanden anzurufen oder die Wut abzubauen in einem Gespräch mit einer Freundin oder einem Freund. Wichtig ist auch, die eigene Überlastung zu erkennen und sie mitzuteilen. Mein Rat an Eltern: "Holt Euch Hilfe!"

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