Es ging ihnen gut. Jasmine lebte zusammen mit ihren Eltern und drei jüngeren Schwestern in einem kleinen Ort in Maharashtra im Westen Indiens. Die Eltern liebten ihre Töchter und doch wollten sie unbedingt einen Sohn haben. Jasmines Mutter war eine zierliche Frau und oft krank, schon die vorherigen Schwangerschaften waren nicht leicht für sie gewesen. Als sie nun ein weiteres Mal schwanger wurde, kam es zu schweren Komplikationen, an denen sie schließlich starb. Anfang letzten Jahres war das, zurück blieben vier Töchter und ein Ehemann, der vor Trauer nicht wusste, wohin mit sich. Als Tagelöhner verdiente er weiterhin genug Geld für die Familie, die in einem kleinen gemieteten Haus wohnte. Aber dann starb auch er plötzlich an einem Herzinfarkt, noch im selben Jahr wie seine Frau, Jasmine hatte gerade ihren 14. Geburtstag gefeiert.
Die vier Mädchen wurden in die Stadt Latur gebracht. Dort wohnten im Keller eines Hauses Onkel und Tante mit ihren vier Kindern in ohnehin schon schwierigen Verhältnissen. Und nun sollten sie vier weitere Kinder ernähren? Für den Onkel schien es die beste Lösung, zumindest das älteste Mädchen sofort zu verheiraten. Auch, wenn die Kinderheirat in Indien verboten ist, ist sie in manchen Regionen durchaus noch verbreitet. Bald war ein Mann für Jasmine gefunden.
Der Hochzeitstermin stand schon fest, als gerade noch rechtzeitig der Direktor des SOS-Kinderdorfes Latur davon erfuhr und sich einmischte. Nun bekamen Jasmine und ihre Schwestern wieder ein neues Zuhause: im SOS-Kinderdorf. Laxmi Magar sollte ihre Kinderdorf-Mutter sein, eine sanfte Frau, die die Kinder mit freundlichem Lächeln in Empfang nahm. Jasmine erinnert sich: "Ich konnte es gar nicht fassen. Alles war völlig neu für mich, aber ich fühlte mich geborgen und sicher. Wir durften zusammen bleiben und plötzlich hatten wir wieder eine Mutter, die sich für unser Wohlergehen interessierte. Wir bekamen ein wunderschönes, sauberes Zuhause. Ich liebte unser Familienhaus im SOS-Kinderdorf auf Anhieb."
Innerhalb kurzer Zeit lebten sich die vier Mädchen ein, nahmen am Dorfleben teil, öffneten sich. Keine Selbstverständlichkeit, nach all dem, was sie in nur einem Jahr erlebt hatten. Wann immer die jüngeren Schwestern unsicher waren, schauten sie auf Jasmine. Wenn ihre große Schwester einverstanden war, konnten sie es auch sein. Jasmine durfte wieder in die Schule gehen und ihre jüngeren Geschwister wurden ebenfalls eingeschult. Und statt der Hochzeitsglocken läuteten bald die Schulglocken.
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