Otto kann wieder lächeln - und das ist ein kleines Wunder: Auf den ersten Blick unterscheidet sich der 16-Jährige von den anderen Jugendlichen im SOS-Kinderdorf Nairobi nur dadurch, dass er die meisten um ein gutes Stück überragt. Nur wenn man genau in sein Gesicht blickt, dann entdeckt man lange Narben.
Verschleppt von LRA-Rebellen
Otto stammt aus dem Norden Ugandas, wo bis September 2006 ein blutiger Bürgerkrieg tobte. Die Rebellen der Lord's Resistance Army (LRA) führten einen grausamen Kampf gegen Regierung und Bevölkerung. Die LRA entführte tausende Kinder, um sie als Kindersoldaten zu missbrauchen. Auch Ottos Dorf wurde von LRA-Rebellen überfallen. Sie nahmen mehrere Kinder mit sich - eines von ihnen war Otto. Kurz nach dem Überfall geriet der LRA-Trupp in einen Hinterhalt der ugandischen Armee. Die Gefangenen wurden befreit, doch Otto wurde bei dem Feuergefecht schwer verwundet: Eine Kugel zerfetzte sein Gesicht.
Schwer verletzt ins Krankenhaus nach Nairobi
Otto wurde in ein Flüchtlingslager nach Gulu gebracht und medizinisch notdürftig versorgt. SOS-Kinderdorf-Mitarbeiter entdeckten dort den verstümmelten Jungen, dessen Nase und Ohr zerschossen waren. Otto musste dringend operiert wurden. Ein SOS-Mitarbeiter begleitete den Jugendlichen nach Kenia, wo der Junge in einem Krankenhaus in Nairobi behandelt wurde.
Doch Otto blieb auch nach dieser ersten Operation völlig entstellt. Der Hölle des Krieges und unerträglichen körperlichen Schmerzen folgte ein weiteres Trauma: Wie soll ein Junge aufwachsen, in dessen Gesicht statt einer Nase ein Loch klafft? Wie es ertragen, dass sich die Mitschüler vor einem ekeln? Wie sich verlieben?
Sieben Operationen in Berlin
Die Chance auf ein normales Leben eröffnete sich für Otto mit Hilfe von "Placet" in Berlin: "Placet" ist ein gemeinnütziger Verein, dessen Ärzteteam Opfer von Terror, Krieg, Folter, ethnischer Verfolgung oder Minen behandelt. Otto hatte Glück: Er bekam einen Platz in dem Behandlungszentrum und flog von Kenia nach Deutschland. Im Kinderdorf in Berlin-Moabit nahm eine SOS-Mutter den anfangs völlig verstörten Jungen in ihrer Familie auf und stand ihm in den nächsten zehn Monaten bei. Denn so lange blieb er in Berlin: Sieben Operationen benötigten die plastischen Chirurgen um Prof. Dr. Frank-W. Peter, um Otto wieder ein Gesicht zu geben.
Erst der Schulabschluss, dann die Ausbildung zum Mechaniker
Und heute? Heute ist Otto zurück im SOS-Kinderdorf Nairobi, wo er seinen Schulabschluss nachmacht. "Er ist ein kluger Junge und macht sehr gute Fortschritte", sagt sein Lehrer. Der 16-Jährige hat wieder Träume - und ein klares Ziel: "Ich will Mechaniker werden", sagt Otto. Er lächelt. "Ich werde niemals meine Freunde in Deutschland vergessen: meine Familie im SOS-Kinderdorf und die Ärzte. Ich bin ihnen unendlich dankbar!"