Ohne Worte

Die taubstumme Alejandra bringt Kindern im SOS-Sozialzentrum das Reden auf ihre Art bei

 


Verstehen sich prima: Alejandra und ihre neue Freundin unterhalten sich in Gebärdensprache.
Es ist Alejandras erster Tag im SOS-Sozialzentrum von Bogotá. Sie lebt mit ihrer Familie in Cazucá, einer der ärmsten Gegenden Bogotás. Während ihre Eltern zur Arbeit oder auf Arbeitssuche gehen, wird Alejandra hier zusammen mit anderen Kindern aus der Nachbarschaft betreut, denn wie bei vielen Kindern im Programm können ihre Eltern es sich nicht leisten sie zur Schule zu schicken. Im SOS-Sozialzentrum bekommt Alejandra Essen und kann unter anderem an Lese-, Musik, Tanz- und verschiedenen Sportkursen teilnehmen. So werden die Kinder nicht nur von der Straße ferngehalten, die Arbeit in Kleingruppen soll außerdem dazu anregen selbstständig Ideen zu entwickeln, aber auch soziale Kompetenzen schulen.

 

Als Alejandra ihren Gruppenraum betritt bekommt sie von allen volle Aufmerksamkeit. Neugierig begutachten die Kinder und Jugendlichen „die Neue“. Viele begrüßen Alejandra mit freundlichen Worten, heißen sie willkommen, stellen sich bei ihr vor. Doch Alejandra sieht nur die fröhlichen Gesichter. Sie kann nicht hören, was die Kinder zu ihr sagen. Unsicher erwidert das 10-jährige Mädchen ein Lächeln, sie nickt zaghaft. Antworten und ihren eigenen Namen sagen kann sie nicht. Sie ist hörgeschädigt, fast taub. Ihre Krankheit ist chronisch, mit jedem Tag hört sie ein bisschen schlechter.

Pantomimisch, wildgestikulierend und oft umso lustiger

Doch die anderen Kinder und Jugendlichen verstehen schnell, warum das neue Mädchen nicht mit ihnen spricht. Plötzlich versuchen alle wildgestikulierend Alejandra etwas von sich zu erzählen. Mit den Fingern zeigen sie, wie alt sie sind, pantomimisch erzählen sie alles, was sie sonst noch so von sich preisgeben möchten. Schnell fühlt sich Alejandra hier wohl, sie ist sofort Teil der Gruppe, rückt sogar in den Mittelpunkt.

 


Im SOS-Sozialzentrum: Alejandra und andere Kinder aus Cazucá
Schon wenige Wochen später beherrschen viele der Kinder grundlegende Begriffe in Gebärdensprache.  Die Herausforderung mit Alejandra auf diese Art zu kommunizieren nehmen alle Gruppenmitglieder gerne an. Alejandra ist ein wichtiger Teil der Gruppe geworden und so möchten die anderen auch spannende Neuigkeiten, ihre Gedanken und Gefühle mit ihr teilen.  Natürlich sind diese Konversationen noch immer sehr stockend und oft schwierig, meistens aber auch umso lustiger als einfaches Reden.

 

Nicht nur Alejandras Leben hat sich durch das SOS Familienhilfe-Programm grundlegend verändert. Sie nimmt an vielen Aktivitäten teil und fühlt sich wohl in ihrer neuen Umgebung und ist viel selbstbewusster als sie es am ersten Tag war. Umgekehrt hat sie aber auch selbst grundlegend zu dieser Umgebung beigetragen. Die Kinder und Jugendlichen haben gelernt, offen und tolerant mit Alejandras Behinderung umzugehen und sie in ihren eigenen Alltag zu integrieren. „Das soziale und intellektuelle Potential der Kinder war hier gefragt und es hat sich großartig entwickelt“, sagt der Direktor des SOS Sozialzentrums in Bogotá.

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