Krankheiten verschlimmern sich

Die ärztliche Versorgung ist für Frauen in Flüchtlingslagern meist nicht ausreichend

Im Flüchtlingslager in Crotone, im Süden Italiens, leben derzeit weit über tausend Flüchtlinge, knapp ein Viertel sind Frauen. Samantha Tedesco ist Leiterin der pädagogischen Abteilung der SOS-Kinderdörfer in Italien und hat beobachtet, dass Frauen in Flüchtlingslagern häufiger chronisch erkranken.

Samantha Tedesco, pädagogische Leiterin der SOS-Kinderdörfer in Italien

Frauen leben in Flüchtlingslagern, weil sie vor Gewalt und Unterdrückung in ihrer Heimat fliehen. In einigen Ländern drohen ihnen Genitalverstümmelung oder Zwangsheirat. Vergewaltigungen gehören zur Kriegsstrategie. Deshalb leiden viele der Frauen, die im Flüchtlingslager Crotone ankommen, an psychischen Beschwerden. Viele sind voller Hoffnung angekommen, um sich in einer ausweglosen Situation wieder zu finden. Manche leiden unter psychischen Langzeitfolgen, sind depressiv oder sogar suizidgefährdet.  

Was sind die körperlichen und gesundheitlichen Risiken für Frauen in Flüchtlingslagern? 

Die Mehrheit im Flüchtlingslager Crotone sind Männer. Wenn Frauen zu den Ärzten im Camp gehen, sitzen im Wartebereich nur Männer. Auch die Ärzte sind männlich. Vielen Frauen ist das unangenehm und deshalb vermeiden sie es, überhaupt in die Sprechstunde zu gehen. Das größte Risiko für Frauen in Flüchtlingslagern ist also, dass sie krank sind und nicht zum Arzt gehen und sich dadurch Krankheiten verschlimmern oder chronisch werden.  

Warum gehen die Frauen nicht zu männlichen Ärzten? 

Wenn sie spezielle Beschwerden haben, zum Beispiel an den Geschlechtsorganen. Die Ärzte, die dem Lager zugewiesen sind, sind oft keine Gynäkologen, sondern Allgemeinmediziner. 

Es gibt natürlich Gynäkologinnen in der Umgebung, aber es ist niemand da, der die Frauen dort hinbringen könnte, geschweige denn übersetzen oder die Arztkosten übernehmen. Das ist nicht organisiert. Sie sind darauf angewiesen, zu den Ärzten zu gehen, die im Camp arbeiten – und wenn sie dort nicht auftauchen, kann man sie auch nicht an andere Ärzt:innen überweisen. In großen Flüchtlingscamps gibt es manchmal Mediatorinnen, die sich um solche Fälle kümmern, aber in kleineren Camps, so wie in dem in Crotone, gibt es das nicht. 

Was könnte man tun, um Krankheiten zu vermeiden? 

Mehr Hygiene-Artikel zur Verfügung zu stellen wäre zumindest schon ein erster Schritt. Es werden derzeit zu wenig Monatsbinden oder Tampons verteilt. Damit steigt das Risiko von Infektionen, weil sich die Frauen mit weniger hygienischen Methoden behelfen müssen. Und das kombiniert damit, dass es nur männliche Ärzte gibt, führt dann eben zu mehr Krankheiten. 

Wie wird den Frauen geholfen? 

Wir versuchen, mit ihnen ins Gespräch zu kommen. Aber auch hier ist die Sprachbarriere schwer zu überschreiten. Wichtig wäre, dass sie sich bei den Camp-Ärzten melden. Denn nur dann können wir helfen. 

 

Erfahren Sie, wie die SOS-Kinderdörfer im Flüchtlingslager Crotone minderjährige Flüchtlinge unterstützen

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