02.08.12 - Auch wenn sich Lettland von der schweren Wirtschaftskrise 2009 wieder erholt hat, leiden besonders sozial schwache Familien immer noch unter Armut. Das ist auch ein Grund, weshalb die SOS-Kinderdörfer in dem kleinen baltischen Staat die SOS-Familienhilfe kontinuierlich erweitert haben. Nach dem Start eines neuen Familienhilfe-Programms in Cēsis in diesem Jahr werden jetzt an fünf Standorten in Lettland rund 900 Kinder im Rahmen der SOS-Familienhilfe unterstützt und 150 Kinder in zwei SOS-Kinderdörfern. Das Ziel der Familienhilfe ist es, Familien mit individuellen Maßnahmen in ihrem Zusammenhalt zu stärken, ihre Zukunftsperspektiven zu verbessern und sie zu befähigen, selbstständig ihr Leben zu meistern.
Die SOS-Familienhilfe stand auch im Zentrum des Besuches der Hamburger Honorarkonsulin der Republik Lettland, Dr. Sabine Sommerkamp-Homann, die die Arbeit von SOS-Kinderdörfer Lettland seit 1997 begleitet. Im Interview schildert die Diplomatin ihre Eindrücke aus Riga.
Frau Konsulin, Sie haben sich gerade in Riga über das Familienhilfe-Programm der SOS-Kinderdörfer informiert. Wie werden Familien dort unterstützt?
Dr. Sommerkamp-Homann: Das SOS-Familienhilfeprogramm in Riga dient als Anlaufstelle für Familien mit großen Problemen. SOS macht primär Präventionsarbeit, was sonst von keinem Dienst in Lettland so geleistet wird. Durch das kompetente Team und die Fachleute ergibt sich ein optimaler Hilfering. Die Projektmitarbeiter sind für die Kinder da. Durch professionelle Beratung und Betreuung können wirtschaftliche und soziale Probleme der Familien gelöst werden. Die sozialen Netzwerke der Familien werden gestärkt. Zurzeit werden in Riga mehr als 300 Kinder betreut.
Dr. Sommerkamp-Homann, Sie haben auch eine Familie besucht, die im Rahmen der SOS-Familienhilfe unterstützt wird. Wie ist die Situation in dieser Familie?
Dr. Sommerkamp-Homann: Dort ist die 37-jährige Mutter alleinerziehend und sorgt für sieben Kinder. Ihre älteste, gleichfalls ledige Tochter ist mit 18 Jahren selbst Mutter eines zweijährigen Kindes. Durch die Betreuung von SOS ist von außen Halt geboten. Bis vor kurzem hatte die Familie in einem Raum gelebt, ohne Küche, ohne WC. Durch SOS hat die Familie einen würdigen Wohnraum erhalten: drei Zimmer, Bad und Küche. Die Mutter wird beraten, wie sie mit Geld besser auskommt. Für die Kinder werden Aktivitäten angeboten. Es wird darauf geachtet, dass die Kinder zur Schule gehen. Daraus erwachsen andere Zukunftsperspektiven. Die Familie hat das Gefühl, nicht allein gelassen zu sein.
Leidet Lettland immer noch so stark an den Folgen der Wirtschaftskrise?
Dr. Sommerkamp-Homann: Lettland hat die Wirtschaftskrise zwar insgesamt überwunden, befindet sich wirtschaftlich wieder im Aufschwung, trotzdem gibt es Armut. Und die demografische Entwicklung in Lettland ist besorgniserregend. Aufgrund der Krise und der durch die EU auferlegten harten Sparmaßnahmen hat in den letzten fünf Jahren jeder zehnte Lette das Land verlassen und die Geburtenrate ist gesunken. Lettlands Politik muss Anreize schaffen, dass die gut ausgebildeten jungen Menschen im Land bleiben.
Was sind derzeit die größten Nöte von Familien in Lettland?
Dr. Sommerkamp-Homann: Vielen Familien fehlen die finanziellen Mittel für ihren Lebensunterhalt. Wohnen ist in Riga seht teuer. Es gibt immer noch soziale Not und die Armut ist drastischer als in Deutschland. Viele Familien sind hilflos und brauchen Unterstützung.
Mit einem besonderen Projekt möchten Sie jetzt die SOS-Kinderdörfer unterstützen. Neben Ihrer nunmehr 15-jährigen Tätigkeit als Honorarkonsulin der Republik Lettland, für die Sie erst kürzlich mit dem höchsten lettischen Staatsorden ausgezeichnet wurden, und Senatorin h.c. der Lettischen Kulturakademie in Riga, sind Sie auch als Künstlerin aktiv, Sie malen und sind mehrfache Literaturpreisträgerin, vor allem bekannt durch Ihre Haiku-Dichtung. Nun haben Sie für eine Überraschung gesorgt. Als Sängerin Sabine Sommerkamp haben Sie ein CD-Album aufgenommen mit dem Titel „Back in Time – Songs from the 1930s to the `60s“. Es enthält US-amerikanische Songs, die zu Evergreens wurden. Den Reinerlös aus dem Verkauf der CD haben Sie für die SOS-Kinderdörfer in Lettland bestimmt. Wir danken Ihnen schon einmal an dieser Stelle. Wie kamen Sie auf diese Idee?
Dr. Sommerkamp-Homann: Auf die Idee bin ich durch die Aktion „SOS-Kunststück“ vor zwei Jahren in Hamburg gekommen, weil ich bei der Versteigerung von Kunstwerken gesehen habe, was sich durch künstlerische Arbeit erreichen lässt und wie das andere Menschen begeistern kann. Auf mehrfachen Wunsch von Prof. Dr. Dr. h.c. Hermann Rauhe, Ehrenpräsident der Hochschule für Musik und Theater Hamburg, und anderen Musikexperten habe ich dann eine Auswahl eigener privater Studioaufnahmen, die zwischen 2009 und 2011 entstanden sind, für die CD zusammengestellt. 17 Lieder im Stil der 30er bis 60erJahre, eine wunderschöne, leichte Musik, die zur Zeit eine Renaissance erfährt. Mit meiner künstlerischen Arbeit möchte ich dazu beitragen, dass Geld in die wertvolle Arbeit von SOS in Lettland fließt. Auch hoffe ich, mit diesem Beispiel andere zu ermutigen, etwas Entsprechendes zu tun.
Dass Lettland als Land der Lieder eine große musikalische Tradition hat, haben Sie auf Ihren vielen Reisen dorthin erfahren. Und es gibt auf Ihrer CD auch einen Bezug zu Lettland…
Dr. Sommerkamp-Homann: Zwei Lieder der CD sind im Studio in Riga mit dem Vokalensemble „Framest“ aufgenommen worden, das von lettischer Seite hierfür ausgewählt wurde.
Bei Ihrem Besuch in Lettland haben Sie viele Repräsentanten aus Politik und Wirtschaft getroffen. Wie waren die Reaktionen auf Ihre CD?
Dr. Sommerkamp-Homann: Begeisterung und Bewunderung und spontan die Frage, wie sie das CD-Album erwerben können, um die SOS-Kinderdörfer zu unterstützen.
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Informationen zum CD-Album auf der Homepage von Dr. Sabine Sommerkamp-Homann www.sabine-sommerkamp.de und unter dem YouTube-Video Sabine Sommerkamp „Back in Time“.
Für Rückfragen:
Katja Teske
SOS-Kinderdörfer weltweit
Büro Hamburg
Max-Brauer-Allee 40 , 22765 Hamburg
Tel. 040 / 380 23 281
katja.teske@sos-kd.org
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