16. Mai 2023 | PRESSEMITTEILUNG

#InDenFokus: "Die Gewalt in Haiti macht es immer schwieriger, Kinder in Not zu erreichen!"

Port-au-Prince – Bandengewalt, Morde und Entführungen: In Haiti wird das Leben für Kinder immer bedrohlicher. "Sobald wir das Haus verlassen, müssen wir um unser Leben fürchten", sagt Faimy Loiseau, Leiterin der SOS-Kinderdörfer in Haiti. In den letzten zwei Jahren hat sich die Situation kontinuierlich verschlechtert. Die SOS-Kinderdörfer sind eine von wenigen Organisationen, die noch im Land aktiv sind.

Die Gewalt war im Juli 2021, nach der Ermordung des Präsidenten Jovenel Moïse, eskaliert. Bewaffnete Banden haben vielerorts die Macht übernommen, in der Hauptstadt Port-au-Prince kontrollieren sie laut Loiseau 90 Prozent der Gebiete. Die Wahrscheinlichkeit, Opfer von Gewalt zu werden, sei hoch. Haiti ist das ärmste Land des amerikanischen Kontinents und seit Jahrzehnten von Naturkatastrophen und Konflikten bedroht. Die vielfältigen Krisen haben massive Auswirkungen auf das Leben der Kinder:

Hunger und Unterernährung 

Das Land befindet sich in einer schweren Hungerkrise. Geschätzte 2,6 Millionen Kinder sind auf humanitäre Hilfe angewiesen, jedes fünfte Kind ist chronisch unterernährt. "Dazu kommt: Die eskalierende Gewalt in vielen Gemeinden macht es schwierig bis unmöglich, die Kinder zu erreichen und zu versorgen", sagt Loiseau. Auch die SOS-Kinderdörfer hätten ihre Sicherheitsmaßnahmen ausgebaut. "Damit gelingt es uns zum Glück, unsere Programme weiterzuführen und Kinder und Familien zu unterstützen", so Loiseau. 

Gesundheit bedroht 

Insbesondere die schlechte Ernährungssituation wirkt sich auch auf die Gesundheit vieler Kinder kritisch aus. "Unterernährung macht sie für Krankheiten besonders anfällig", sagt Loiseau. Seit Oktober 2022 breitet sich in Haiti die Cholera aus. Im März 2023 sei die Zahl der Infizierten bereits auf über 33.000 gestiegen, die meisten davon Kinder. Für sie kann die Krankheit schnell tödlich werden. Auch die psychische Gesundheit der Kinder macht Faimy Loiseau große Sorgen. Ständige Angst und Gewalt versetzten die Kinder in Dauerstress und führten zu psychischen Problemen. Loiseau sagt: "Der permanente Druck ist zu viel für ein Kind!"

Kein Zugang zu Bildung 

Viele Kinder in Haiti haben keine Chance, zur Schule zu gehen. Zahlreiche Familien befänden sich auf der Flucht vor der Gewalt. Zudem hätten viele Schulen den Betrieb eingestellt, da das Sicherheitsrisiko zu groß sei. Und auch das schwere Erdbeben vor zwei Jahren wirke sich weiter negativ auf die Bildung aus. Loiseau sagt: "Im Süden der Region Port-au-Prince sind noch immer 70 Prozent der Schulen zerstört. In vielen Fällen wurde mit dem Wiederaufbau nicht einmal begonnen." 

Die Schulen der SOS-Kinderdörfer konnte bislang geöffnet bleiben. Über 2.200 Kinder gehen dort zum Unterricht. Sie bekommen außerdem eine kostenlose Schulmahlzeit. "Für viele die einzige Mahlzeit des Tages", sagt Loiseau.

Loiseau appelliert an die internationale Gemeinschaft. Sie sagt: "Die Weltbevölkerung hat eine Stimme, die sollte sie einsetzen, um für Sicherheit in Haiti zu sorgen. Es müssen konkrete Maßnahmen ergriffen werden. Nur, wenn wir die Sicherheitsthematik lösen, kann Haiti wieder auf die Füße kommen."

Hintergrund

Klimawandel, Folgen der Pandemie, Krieg in der Ukraine, Aufstände im Iran, Erdbeben in Syrien und der Türkei - nie zuvor wuchsen Kinder in einer Zeit auf, in der sich so viele schwerwiegende Krisen überlagerten. Die mediale Berichterstattung lenkt dabei den Fokus der Öffentlichkeit vor allem auf Katastrophen mit einem aktuellen Bezug. Doch in zahlreichen weiteren Regionen auf der Welt kämpfen Kinder und Familien seit Jahren ums Überleben - im Schatten der Öffentlichkeit und auf humanitäre Hilfe angewiesen. In einer Serie gehen die SOS-Kinderdörfer Krisen nach, die weitgehend im Verborgenen stattfinden und zeigen auf, warum wir die betroffenen Menschen nicht im Stich lassen dürfen. Die Serie ist Teil der Kampagne #InDenFokus. Rund 30 deutsche Hilfsorganisationen haben sich zusammengeschlossen, um gemeinsam mit dem Auswärtigen Amt vergessene Krisen in den Fokus zu rücken. Ziel ist es, das Bewusstsein für das Leid der Menschen zu schärfen, weltweite Notlagen, die in den Hintergrund geraten sind, wieder sichtbarer machen und über die Arbeit von Hilfsorganisationen vor Ort zu informieren. Über "Vergessene Krisen" in Bangladesch, Haiti, Malawi und anderen Ländern.

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