12. Februar 2024 | PRESSEMITTEILUNG

"Mama, werden wir heute Nacht sterben?"

Leben der Kinder im SOS-Kinderdorf Rafah in höchster Gefahr

Rafah/München - Die SOS-Kinderdörfer appellieren mit höchster Dringlichkeit an alle Akteure, die Pläne für eine flächendeckende Bombardierung der Stadt Rafah sofort zu stoppen. Die Hilfsorganisation ist in großer Sorge um über 70 Kinder sowie das Team eines SOS-Kinderdorfs, das sich in Rafah befindet. Lanna Idriss, Vorstandsvorsitzende der SOS-Kinderdörfer weltweit, sagt: "Der Ernst der Lage kann nicht überbetont werden. Unsere Mitarbeitenden versuchen mit Hochdruck einen Ort zu finden, an den sie mit den Kindern fliehen können. Aber es gibt in Gaza keinen sicheren Ort mehr. Jedes Mal, wenn ich eine Nachricht aus Gaza öffne, habe ich Angst, dass sie nicht überlebt haben." Die Kinder sind zwischen 1 und 14 Jahre alt und leben im SOS-Kinderdorf, weil sie ihre elterliche Fürsorge verloren haben. Mehrfach hatte die Kinderrechtsorganisation vergeblich versucht, Ausreisegenehmigungen zu erhalten.

Ein Mitarbeiter in Rafah schildert die Lage so: "Wir hören den ganzen Tag das Geräusch von Bomben. Die Kinder sind nervös, haben Angst um ihre Verwandten und Freunde in den Gemeinden. Sie stehen unter großem Druck und sie können das Gelände nicht verlassen." Die Betreuer versuchen, die Kinder zu beschäftigen und abzulenken, aber der traumatisierende Alltag lässt das nicht mehr zu. 

Insgesamt befinden sich in der Stadt Rafah aktuell über 600 000 Kinder und ihre Eltern, die aus anderen Regionen Gazas geflohen sind. Idriss sagt: "Eine Evakuierung ist leider unmöglich. Das ganze Land ist zerstört. Insbesondere Kinder haben keine Reserven mehr. Diese Kinder hatten bereits vor dem Krieg alles verloren, sie sind mehrfach vertrieben worden, sie sind unterernährt und ohne Hoffnung."

Die Hilfsorganisation unterstützt Familien auf der Flucht und insbesondere verlassene Kinder, deren Zahl immer weiter wächst. Ein Psychologe der SOS-Kinderdörfer vor Ort schildert seine Erlebnisse: "Da ist ein dreijähriges Mädchen, um das wir uns kümmern, das unter den Trümmern eines Hauses hervorgeholt wurde, während seine Eltern gestorben sind. Das Kind hat an den ersten Tagen nur geweint und geschrien. Ein anderes kleines Mädchen ist verstummt und leidet unter Panikattacken." Auch Eltern seien der Katastrophe hilflos ausgeliefert. Eine Familienmutter, die von den SOS-Kinderdörfern unterstützt wird, sagt: "Meine Kinder und ich schlafen nachts eng aneinander geklammert. Jeden Abend, bevor sie einschlafen, fragen mich die Kinder: ‚Mama, werden wir heute Nacht sterben?‘"

Vorstandsvorsitzende Idriss appelliert an beide Kriegsparteien: "Die Kinder brauchen jetzt dringend Ihr Mitgefühl und Ihren unbedingten Willen, sie zu retten. Lassen Sie die Kinder bitte sicher ausreisen. Wir haben Länder, die sie aufnehmen würden."

Die SOS-Kinderdörfer in Israel und Palästina

Die SOS-Kinderdörfer unterstützen Kinder, Jugendliche und Familien auf allen Seiten von Konflikten. Sie setzen sich weltweit, so auch in Israel und in Gaza, für jedes Kind ein – unabhängig von Staatsangehörigkeit, Hautfarbe, Religion oder ethnischer Zugehörigkeit. Gerade in krisengeprägten Regionen sind Kinder, vor allem ohne elterliche Fürsorge, akut gefährdet. Aufgrund der langjährigen Erfahrung in Israel und in palästinensischen Gebieten gelingt es den SOS-Kinderdörfern auch in der derzeitigen Situation ihre Arbeit fortführen.

 

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