Seit Tagen liegt Aleppo unter heftigem Beschuss. Als Reaktion darauf, haben die SOS-Kinderdörfer ihre Nothilfe in Aleppo vorläufig ausgesetzt und 15 Mitarbeiter evakuiert. SOS-Mitarbeiterin Sarah Eldon über eine extrem schwere Entscheidung und die Lage der Menschen vor Ort.
Wie gefährlich ist die Situation in der Stadt im Moment?
Es ist extrem gefährlich, sich in Aleppo aufzuhalten: Die Menschen leben zwischen den Fronten unter Lebensgefahr in der Stadt.
Wie schwer fällt eine solche Entscheidung?
Extrem schwer. Bisher haben wir in Aleppo mehr als 25.000 Kinder und Erwachsene mit Nahrung, Trinkwasser und Kleidung versorgt. Diese Menschen vorübergehend nicht unterstützen zu können, ist furchtbar. Wir werden schnellstmöglich zurückkehren!
Einige Helfer sind trotzdem in Aleppo geblieben. Warum?
Einer ist geblieben, um seine kranke Mutter zu pflegen, die nicht weg konnte. Andere wiederum, weil sie ihre Familien und Häuser nicht zurücklassen wollten. Und eigentlich alle hatten einen Grund gemeinsam: Die Mitarbeiter und freiwilligen Helfer sind alle Syrer. Sie kommen aus Aleppo, sie haben dort Kontakte, ihre Familie. Aber natürlich haben auch sie Angst, was als nächstes passieren wird.
Wie geht es diesen Helfern jetzt?
Wir stehen in ständiger Verbindung mit denen, die in Aleppo geblieben sind. Derzeit geht es ihnen den Umständen entsprechend gut.
Haben die Menschen in Aleppo denn noch Essen?
In den meisten Gebieten von Aleppo und der Nachbarschaft gibt es noch Nahrung, aber die Preise für Nahrungsmittel und grundlegende Gebrauchsgüter sind inzwischen in astronomische Höhen gestiegen. Brot, Zucker, eigentlich alle Grundnahrungsmittel sind rationiert, die Leute stehen stundenlang an, um etwas zu bekommen.
Was erwartet die Menschen im Winter?
Der Winter wird eine Katastrophe! Viele Häuser sind zerstört, es gibt nicht genug Essen, warme Kleidung, Trinkwasser. Die Wände der meisten Häuser sind von Geschossen durchlöchert, die Fenster kaputt - ohne Dämmmaterial wird es für die Menschen praktisch unmöglich, ihre Häuser warm zu halten. Elektrizität ist selten und Gas für Heizung ist schwer zu finden und außergewöhnlich teuer. Schon jetzt fallen die Temperaturen nachts auf unter null Grad. Wir wollen wenigstens 4000 Familien mit Matratzen, Decken und warmer Kleidung beliefern. Aber derzeit können wir leider nicht verlässlich planen.