Dieter Hagenbäumer, der dafür zuständig ist, die Aufhänger an der Wursthülle zu befestigen, hatte die Idee: Die komplette Belegschaft der Firma "Jürging Naturdärme" sollte für die Opfer der Flutkatastrophe in Ostasien auf einen Tag Urlaub verzichten. Rita Abkemeyer, die den Betrieb leitet, spann sie weiter: Das Geld sollte an die SOS-Kinderdörfer gehen.
Die beiden hatten die Liste kaum ausgelegt, da begannen die Mitarbeiter zu diskutieren, abzuwägen und zu unterschreiben. Die Kollegen aus dem Lager machten mit, die aus der Abbinderei und der Versandabteilung, die Damen von der Qualitätskontrolle und die Herren von der Auslieferung. Zwei Tage später war die Liste komplett.
Der Buchhalter allerdings stand vor einem Rätsel: "Ach Gott, wie soll ich das denn verbuchen?" Es habe ein bisschen gedauert, aber er hat eine Lösung gefunden, sagt Rita Abkemeyer (Foto unten links).
Und die Chefs: Der Junior war begeistert, der eine Senior ebenfalls, der andere gar nicht. Es werde jetzt so viel gespendet und er habe Zweifel, ob denn das Geld auch tatsächlich ankomme. Rita Abkemeyer teilte die Bedenken nicht. "Wir haben uns ja bewusst für die SOS-Kinderdörfer entschieden, weil wir zu ihnen Vertrauen haben. Ich selbst spende schon lange für die Organisation." Sie hatte gehört, dass keines der SOS-Dörfer durch den Tsunami zerstört worden war und dass die SOS-Kinderdörfer bereits kurz nach der Katastrophe Soforthilfe geleistet und anschließend langfristige Hilfsprogramme gestartet hatten.
Schließlich ließ sich auch der zweifelnde Senior überzeugen, und die Chefs leisteten sogar noch ihren eigenen Beitrag, indem sie die Summe, die ihre Angestellten gesammelt hatten, verdoppelten.
Ist nun den Leuten von Jürging ihr Urlaub weniger heilig als anderen? "Im Gegenteil", sagt Rita Abkemeyer. Viele ihrer Kollegen werden im Sommer wegfahren, Dieter Hagenbäumer (Foto unten Mitte) zum Beispiel denkt über Spanien nach. Rita Abkemeyer wird einen Großteil ihrer freien Zeit mit Freunden in Friesland verbringen, wo sie einen Wohnwagen stehen hat. Die restlichen Tage hat sie für verschiedene Familienfeste eingeplant. Und es sei nun auch nicht so, dass die Mitarbeiter nicht mit ihrem Geld rechnen müssten. Auch bei der Firma Jürging sind die Zeiten härter geworden; Kollegen, die in den letzten Jahren in Rente gingen, wurden oft nicht ersetzt, so dass die Belegschaft auf fünfzehn geschrumpft ist. Aber all diese Dinge hätten sich angesichts der Katastrophe sehr relativiert, sagt Rita Abkemeyer. "Wenn man gesehen hat, wieviel Elend der Tsunami gebracht hat, wie schlimm es die Menschen getroffen hat, ist es das geringste Übel, auf einen einzigen Urlaubstag zu verzichten."