"Wir waren nie doll im Geld ausgeben!" Johanna Martens sagt das ohne jedes Bedauern - warum auch, dafür konnten sie und ihr Mann andere Dinge gut. Zuallererst: miteinander glücklich sein, 33 Jahre lang.
Sie Richterin, er Richter, beide hingerissen von ihrem Beruf. Es habe einfach Spaß gemacht, erzählt die 74-jährige Johanna Martens, jeder Fall sei anders und immer lerne man etwas Neues hinzu. "Wir sind abends mit den Akten nach Hause gekommen und morgens damit aufgestanden." Wann hätten sie da Geld ausgeben sollen? "Wir haben es oft nicht einmal geschafft, Kleidung zu kaufen." Der größte Luxus war noch das Theater-Abonnement, das sie aber auch bald kündigten, nachdem sie eine Vorstellung nach der anderen ausfallen lassen mussten. Ohnehin sei damals, Anfang der 70er Jahre, viel Mist gezeigt worden, so dass es besser gewesen sei, einige wenige Vorstellungen persönlich auszusuchen.
So kam es, dass das Berliner Ehepaar bereits kurz nach dem Berufseinstieg darüber nachdachte, wo das Geld am besten aufgehoben sei. Als die Martens von der Möglichkeit hörten, ein ganzes Haus für die SOS-Kinderdörfer zu finanzieren, begannen sie zu rechnen. In mehreren Etappen bezahlten sie ein Familienhaus in einem SOS-Kinderdorf in Guatemala, das später auf den Namen "Haus Martens" getauft wurde. "Es gefiel uns, dass die Kinder in den SOS-Kinderdörfern ein Zuhause bekommen", erklärt Johanna Martens.
Ihre eigene Mutter war gestorben, als Johanna zwei Jahre alt war. "Mein Vater war verzweifelt, wusste nicht wohin mit mir." Schließlich fand er eine Erzieherin, die die Pflegemutter des kleinen Mädchens wurde. "Ich liebte sie heiß und innig, sie war das Glück meines Lebens!" Es kamen andere Betreuerinnen, auch schreckliche seien dabei gewesen, das Mädchen wurde weitergereicht, bis schließlich die Pflegemutter von damals heiratete, selbst Kinder bekam und Johanna bei sich aufnahm. Wenn Johanna Martens also darauf hinweist, wie schlimm es für ein Kind sei, ohne Eltern aufzuwachsen, dann mit der unschlagbaren Kompetenz der eigenen Erfahrung. Und noch eins ist ihr wichtig: dass alle SOS-Kinderdorf-Mütter gut ausgebildet sind. "Es ist ein Aberglaube, dass eine engagierte Frau automatisch eine gute Mutter ist."
Das Ehepaar finanzierte weitere Familienhäuser und entschied sich schließlich, die SOS-Kinderdörfer als seinen Erben einzusetzen. Gemeinsam setzten sie sich hin, Johanna Martens schrieb. Dann legten sie das Testament in die Schreibtischschublade. "Es kommt niemand drum herum, sich mit dem Tod auseinanderzusetzen und ich finde die Vorstellung beruhigend zu wissen, dass alles geregelt ist", sagt Johanna Martens.
Kurz bevor die Richterin pensioniert wurde, starb ihr Mann - ein riesiger Verlust. "Ich wollte damals nur schnell hinterher." Sie blieb, arbeitete weiter bis zum letzten Tag und verschenkte sogar großzügig Urlaubstage. Auch danach legte Johanna Martens nicht die Füße hoch, sondern lenkte ihr Engagement lediglich in andere Richtungen. Sie begann, sich in der evangelischen Seelsorge zu engagieren und Kinder zu betreuen, so dass ihre Tage heute wieder fast so voll sind wie vorher. Und im SOS-Kinderdorf Phnom Penh in Kambodscha wird gerade wieder ein Haus gebaut - das siebte Haus Martens.
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