Wir haben durch einen Bericht von SOS-Kinderdorf International Kenntnis von sehr ernst zu nehmenden Vorwürfen erhalten. Ein (inzwischen verstorbener) österreichischer Spender soll zwischen 2010 und 2014 Minderjährige in einem asiatischen SOS-Kinderdorf zu sexuellen Handlungen gezwungen haben.
Wir sind tief erschüttert, dass Kinder in der Obhut von SOS-Kinderdorf durch einen Spender zu Schaden gekommen sind. Im Namen der SOS-Kinderdörfer bitten wir die betroffenen Kinder und Jugendlichen um Verzeihung. Wir verurteilen jede Art von Missbrauch und Fehlverhalten gegenüber Kindern aufs Schärfste. Jedes einzelne der gewaltbesetzten Verhalten ist eines zu viel, nichts kann solche Vergehen entschuldigen oder rechtfertigen.
Unsere erste und oberste Priorität gilt immer der Hilfe für und dem Schutz der Opfer. Deswegen tun wir alles in unserer Macht Stehende, um die heute jungen Erwachsenen zu begleiten und stellen den Betroffenen eine umfassende psychologische und materielle Unterstützung zur Verfügung.
Wir setzen alles daran, für eine vollständige Aufklärung zu sorgen und prüfen intensiv, wie es dazu kommen konnte, dass unsere strengen Kinderschutz-Richtlinien umgangen wurden. Derzeit können wir bestätigen: Die beschuldigte Person ist zwischen 2010 und 2014 mehrmals in ein asiatisches Kinderdorf gereist, welches durch seine Spenden mitfinanziert wurden. 2021 hat eine ehemals bei SOS-Kinderdorf beschäftigte Person über das Whistleblowing-System von SOS-Kinderdorf International die Vorwürfe gemeldet. Diese wurden inzwischen durch eine Untersuchung im betroffenen Land bestätigt. Wir sind sehr dankbar für den Mut, sich an uns zu wenden und für das Vertrauen in unsere Organisation.
SOS-Kinderdorf Österreich hat sofort rechtliche Schritte eingeleitet und Strafanzeige in Österreich erstattet sowie der betroffenen Länderorganisation umfangreiche Unterstützung bei der Aufarbeitung zugesagt. Nachdem der Spender Ende August 2022 verstorben ist, wurden die polizeilichen Ermittlungen in Österreich eingestellt. Zudem hat SOS-Kinderdorf Österreich eine externe Untersuchung einberufen. Diese prüft, inwieweit seitens SOS-Kinderdorf Österreich Fehler gemacht wurden, welche Konsequenzen zu ziehen und welche Lernfelder zu entwickeln sind. Diese Aufgaben wurden von der unabhängigen Independent Childprotection Commission (ICC) übernommen.
Eine umfassende Aufarbeitung dieses Falles bedeutet auch ein kritisches Hinterfragen des Umgangs mit Spender:innen bei den Ländervereinen des SOS-Kinderdorfs. Deswegen hat SOS-Kinderdorf Österreich einen umfassenden, extern begleiteten Reflexionsprozess gestartet, um Kinderschutz-Risiken auch abseits der pädagogischen Arbeit mit Kindern schneller zu erkennen. Im Zuge dessen werden unter anderem die Leitfäden für Besuche von SOS-Kinderdorf-Einrichtungen weiterentwickelt und es wird evaluiert, welche Schulungen und Austauschformate es braucht, um die Richtlinien im Alltag auch zu leben.
Wir setzen uns weltweit dafür ein, dass Kinder mit den Bindungen aufwachsen können, die sie brauchen, um sich zu entwickeln und ihr bestes Selbst zu werden. Wenn ein Kind nicht bei seiner Herkunftsfamilie bleiben kann, versuchen wir immer sicherzustellen, dass die angebotene Unterstützung im besten Interesse des Kindes ist. Wir treten für die Rechte jedes Kindes ein und setzen uns für Veränderungen ein, damit alle Kinder in einem für sie förderlichen Umfeld aufwachsen können. Unsere Arbeit orientiert sich an der UN-Konvention über die Rechte des Kindes und den UN-Richtlinien für die alternative Betreuung von Kindern.