Der weltweit erste Online-Masterstudiengang Wind Energy Systems nimmt Studierende aus den SOS-Programmen auf.
Die UNIKIMS, die Management School der Universität Kassel, ist Pionierin: Schon 2015 hat sie den weltweiten ersten Online-Masterstudiengang Wind Energy Systems ins Leben gerufen. Im Herbst 2021 starteten dreizehn junge Frauen und Männer, die in einem SOS-Kinderdorf aufgewachsen sind, oder deren Familie im Rahmen der SOS-Familienhilfe unterstützt wurde, den berufsbegleitenden online-Masterstudiengang.
Der Ausgleich von Bildungschancen zwischen unterschiedlich entwickelten Ländern ist ein Beitrag zur Völkerverständigung, zum Frieden und zur klimaschonenden Energiewende, wenn wir Wissen zum Ausbau und zur Nutzung der erneuerbaren Energien miteinander teilen.
Die Studierenden aus Bangladesch, Indien, Somalia, Ruanda und Nigeria nehmen, mit der Option in den Masterstudiengang zu wechseln, zu Beginn an einem einjährigen Zertifikatsprogramm teil, welches auf die dezentrale Windenergieversorgung ausgerichtet ist.
Digitale Ausbildungsmöglichkeiten eröffenen Jugendlichen, die in den SOS-Programmen betreut werden, neue Zukunftsperspektiven. Foto: Anton Sahler
Wissen teilen, um Chancen zu mehren
An vielen SOS-Schulen werden MINT-Fächer gefördert, wie an der Hermann-Gmeiner-Schule in Da Nang, Vietnam. Foto: Jakob Fuhr
Mit dem Teilen von Wissen zur Nutzung und zum Ausbau regenertiver Energien leistet die Wissenschaft nach Prof. Dr. Detlef Kuhls Worten einen Beitrag, um auch in Ländern, die technisch noch nicht so weit entwickelt sind, die Lebensgrundlagen zu sichern und zu verbessern, indem dort fossile Energieträger durch Strom aus nachhaltig fließenden Quellen ersetzt werden. Zudem verbesserten die Studierenden mit dem Wissen ihre persönliche Chance auf dem heimischen und internationalen Arbeitsmarkt.
"Das Studium an der UNIKIMS führt zu einem Masterabschluss in Ingenieurwissenschaften an einer deutschen Universität. Dieser Abschluss ist weltweit ein Prädikat für Kompetenz“, erläutert Prof. Dr. Detlef Kuhl. Der Bedarf an akademisch ausgebildetem Nachwuchs in den MINT-Fächern (Mathematik, Informatik, Naturwissenschaft und Technik) sei weltweit groß, und wir qualifizieren junge Menschen aus aller Welt für den Weltmarkt". Wissenschaftlicher Kooperationspartner des Studiengangs ist das Fraunhofer-Institut für Energiewirtschaft und Energiesystemtechnik (IEE) in Kassel.
Einmalige Kooperation
Für die SOS-Kinderdörfer ist die Kooperation mit der UNIKIMS neu und in dieser Form sehr besonders, wie Brigitte Kagerbauer, Projektkoordinatorin bei SOS-Kinderdörfer weltweit schildert. "Das vollumfängliche Stipendium für die Teilnehmer:innen am Zertifikat- und Masterprogramm, sowie die Tatsache, dass diese für das Studium in in ihren Heimatländern bleiben können, ist einmalig. Zusätzlich sind hier die Themen Bildung und Klimaschutz, die jeweils einen wichtigen Stellenwert in der Arbeit der SOS-Kinderdörfer haben, perfekt miteinander verbunden," so Brigitte Kagerbauer.
Bildung ist die Voraussetzung für ein Leben ohne Armut und in Unabhängigkeit
Im SOS-Ausbildungszentrum für technische Berufe in Kara, Togo. Eine gute Ausbildung ermöglicht benachteiligten Jugendlichen den Zugang zum Arbeitsmarkt. Foto: SOS
Weltweit leben über 70.000 Kinder und Jugendliche in den Einrichtungen der SOS-Kinderdörfer, zusätzlich werden mehr als 300.000 Kinder und Eltern in Notsituationen im Rahmen der SOS-Familienstärkungsprogramme begleitet und gefördert. Für Jugendliche aus sozial benachteiligten Familien ist es oft besonders schwer, einen Arbeitsplatz zu bekommen.
In den Programmen der SOS-Kinderdörfer geht Klimaschutz Hand in Hand mit Kinderschutz
Schon heute sind tausende Familien gezwungen, ihre Heimat zu verlassen, da die Armut durch den Klimawandel drastisch steigt. "Wir unterstützen Menschen, denen der Klimawandel die Lebensgrundlage entzieht, und helfen ihnen, sich besser gegen die Folgen der Klimaveränderung zu wappnen. Durch das Angebot von UNIKIMS haben die SOS-Stipendiat:innen außerdem die Chance die Entwicklung erneuerbarer Energien in ihren Heimatländern voranzutreiben“, sagt Brigitte Kagerbauer.
Strom ohne klassischen Netzanschluss
In vielen ländlichen Gebieten weltweit haben Familien keine oder nur unregelmäßige Stromversorgung. Foto: Conor Ashleigh
Das Zertifikatsprogramm ist nach den Worten des Studiengangmanagers Dr. rer. pol. André Bisevic vom Fraunhofer IEE auf die Studierenden aus Ländern ohne ein klassisches Stromnetz zugeschnitten. Vor allem in den ländlichen Regionen der Schwellen—und Entwicklungsländer ist eine stabile Stromversorgung nicht selbstverständlich. Den Studierenden werden sowohl Kenntnisse über die mechanischen und elektronischen Komponenten von Windkraftanlagen sowie von der Stromspeicherung und Netzintegration vermittelt, als auch Kenntnisse zur Administration und zum Management von Windfarmen.
"Wir leisten einen Beitrag, um Ingenieur:innen als Pioniere für den Ausbau der Windenergie zu befähigen. Wenn wir dann noch bedenken, dass diese Studierenden aus den am stärksten wachsenden Ländern und Metropolen dieser Welt kommen, in denen der Energiebedarf wachsen wird, dann setzen wir heute ein zartes Pflänzchen, das einmal reiche Frucht tragen kann", sagt Dr. André Bisevic.
Unterstützung für die Studierenden
Dian Yunus ist Studiengangsmanagerin der UNIKIMS und ebenfalls Ansprechpartnerin der Studierenden im Hochschulalltag. Sie stammt aus Indonesien und kennt das Leben in einem Land im Transformationsprozess. "Die Studierenden sind im Alter zwischen etwa 20 und 30 Jahren", sagt Dian Yunus. "Eine Studentin aus Ruanda hat zum Beispiel schon eine wissenschaftliche Qualifikation im Umgang mit der Ressource Wasser und möchte ihre Kompetenz nun auf dem Gebiet der Windenergie ausbauen." Andere nutzten die Zeit, in der die Pandemie in den weniger entwickelten Ländern eine Wirtschaftskrise ausgelöst hat, um sich weiter zu qualifizieren. "Wo ein Wille ist, da ist auch ein Weg, sagt man im Deutschen, und wir als UNKIMS helfen unseren Studierenden aus allen Kontinenten, diesen Weg zu gehen", beschreibt Dian Yunus ihre Aufgabe.