"Gemessen an den finanziellen Leistungen müsste Haiti eigentlich auf dem besten Weg sein, die bittere Armut zu überwinden – das Gegenteil ist der Fall", sagt Wilfried Vyslozil, Vorstandsvorsitzender der Organisation in München. "Das Land ist noch immer eine Trümmerwüste und den Menschen geht es mehrheitlich sogar schlechter als vor dem Erdbeben."
Den SOS-Kinderdörfern zufolge wurde von den versprochenen staatlichen Milliarden-Hilfen nicht einmal die Hälfte ausgezahlt. Und wo Geld floss, verschwand einiges in korrupten Kanälen. Oder die internationalen Helfer agierten, ohne sich mit der Regierung Haitis oder den Organisationen der haitianischen Regierung abzustimmen. "Leider hat man die Haitianer viel zu selten in die Planungen mit einbezogen. Und nicht wenige hielten die Haitianer sogar grundsätzlich für unfähig zur Selbsthilfe", sagt Vyslozil.
"Anstatt mit den Betroffenen Maßnahmen zu planen, beispielsweise mit Starthilfen zur Selbstversorgung, wurden Projekte ohne die Haitianer gemacht und gingen dadurch an Land und Leuten vorbei", sagt Vyslozil. Vor allem die vielen kleinen Organisationen hätten unkoordiniert agiert, so sei es zu teils "bizarren Fehlplanungen" gekommen und viele Hilfsorganisationen seien "grandios gescheitert".
Haiti war vor zehn Jahren von einem verheerenden Erdbeben erschüttert worden, das über 300.000 Tote, Hunderttausende Verletzte und fast zwei Millionen Obdachlose forderte.
SOS-Kinderdörfer helfen langfristig
Die SOS-Kinderdörfer in Haiti helfen seit 35 Jahren mit Langzeit-Projekten. Die Projekte werden geleitet und ausgeführt von Haitianern. Unmittelbar nach der Katastrophe hat die Hilfsorganisation 117 Lebensmittelverteilstellen eingerichtet und darüber fast 24.000 Kinder und Erwachsene ein halbes Jahr lang versorgt. Viele dieser Verteilstellen wurden inzwischen in dauerhafte kleine Gemeindezentren für Kinder und arme Familien umgewandelt. Dort werden vor allem alleinerziehende Frauen und extrem arme Familien befähigt, selbst ein kleines Geschäft aufzuziehen und so für Einkommen zu sorgen. Außerdem haben die SOS-Kinderdörfer fünf Schulen gebaut, um Kindern Bildung zu ermöglichen.