Teilnehmerin des Umweltprojekts in Tulu Moye, Äthiopien - Foto: Petterik Wiggers

"Wälder ziehen den Regen an"

Umweltprojekt: Wiederaufforstung im äthiopischen Tulu Moye

Wo früher einmal Wälder waren, brennt heute die Sonne auf staubtrockene Felder: Nefisa, 22, und Meseret, 26, wollen das ändern. Die beiden jungen Erwachsenen sind Teil eines Umweltprojekts in der äthiopischen Landgemeinde Tulu Moye, mit dem die SOS-Kinderdörfer das nationale Aufforstungsprogramm unterstützen.

"Wenn es keinen Baum gibt, gibt es auch keine Tiere, keine Insekten und keine Vögel. Auch unsere Existenz hängt von den Bäumen ab. Denn der Wald zieht den Regen an. Wenn es nicht regnet, können wir nichts ernten und verhungern."

Meseret, Teilnehmer des Umweltprojekts
In der Baumschule: Nefisa, 22, und Meseret, 26, arbeiten bei dem Umweltprojekt im äthiopischen Tulu Moye mit und sichern so das Einkommen ihrer Familien. Die Landgemeinde befindet sich einer weitgehend entwaldeten Region und ist etwa 100 Kilometer entfernt von der Hauptstadt Addis Abeba. Foto: Petterik Wiggers

Wiederaufforstung statt Kahlschlag

Äthiopien war vor einem Jahrhundert noch zu einem Drittel von Wäldern bedeckt, so schätzt das Umweltprogramm der Vereinten Nationen, heute sind es weniger als drei Prozent Waldfläche. Die Bäume mussten Feldern weichen oder die Menschen griffen für Brennholz und Baumaterial zur Axt. Durch den Raubbau geht zum einen der Wald als Kohlenstoffspeicher verloren, was den globalen Klimawandel beschleunigt. Der Kahlschlag verändert zudem das lokale Mikroklima. Denn ausgedehnte Waldflächen wirken wie natürliche "Klimaanlagen", die für Abkühlung und Niederschläge sorgen. Die Folgen der Abholzung sind fatal: Dürren nehmen zu, der Regen fällt immer unregelmäßiger, der Boden kann das Wasser nicht mehr speichern und erodiert.

 

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"Letztes Jahr hat es 10 Monate lang nicht geregnet", sagt Meseret, ein junger Landwirt. In einem guten Jahr können die Bauern in der fruchtbaren Region von Tulu Moye drei Weizenernten einfahren, doch zuletzt war das aufgrund der Trockenheit nur einmal möglich. "Davor kam der Regen unerwartet und die Fluten vernichteten unsere Ernten. Diese Erfahrung habe ich gemacht, aber ich wusste nicht, was die Ursachen sind und hatte nichts von der Klimakrise gehört. Jetzt weiß ich, dass Bäume wichtig für die Umwelt sind, weil sie die Luft reinigen, Regen anziehen, Schatten spenden und das Ökosystem erhalten."

Baumschule mit jungen Kleinunternehmer:innen

Im ersten Projektjahr haben die grünen Kleinunternehmer:innen bereits 9.880 Baumsetzlinge gepflanzt. Foto: Petterik Wiggers

Nefisa und Meseret nehmen an einem Umweltprojekt in Tulu Moye teil, bei dem die SOS-Kinderdörfer mit der äthiopischen Regierung zusammenarbeiten. Ziel ist es, die entwaldete Region wieder aufzuforsten und junge Menschen zu befähigen, ihren Lebensunterhalt mit dem Schutz der Umwelt zu verdienen. Das Projekt starte im Jahr 2020.

Landwirtschaftsxpert:innen schulten bislang 140 junge Menschen in Bodenvorbereitung, Aussaat, Umpflanzung und Veredelung, um sicherzustellen, dass die Setzlinge zu gesunden Bäumen heranwachsen.

Für den Aufbau einer Baumschule erhielten sie landwirtschaftliche Geräte und verschiedene Saatgutsorten für Kaffee-, Papaya-, Mango- oder Avocado-Bäume.

"Bevor ich am Projekt der SOS-Kinderdörfer mitgemacht habe, hatte ich keinerlei Erfahrung oder Ausbildung", sagt Nefisa. "Ich war Hausfrau und Mutter und verkaufte Weizen auf dem Markt. Ich interessierte mich nicht für die Umwelt, weil ich nichts darüber wusste. Aber nachdem ich hierhergekommen bin, habe ich viel darüber gelernt, wie ich unsere Umwelt schützen kann, und ich habe das übernommen, indem ich auch zu Hause Bäume gepflanzt habe."

Öko-Waldgärten an sechs Grundschulen

Jeden Tag kümmern sich Nefisa und Meseret mit Harken, Gartenscheren und Gießkannen um die Baumsetzlinge, die sie sorgfältig in schattigen Bereichen pflanzen.

15 junge Erwachsene arbeiten in dieser Baumschule. Einige kommen am Morgen, andere am Nachmittag. Durch die Arbeit in zwei Schichten kann sich Nefisa um ihre beiden kleinen Kinder kümmern und Meseret, ein junger Landwirt, um seinen Weizenanbau.

Im ersten Jahr haben die grünen Kleinunternehmer:innen 9.880 Baumsetzlinge gepflanzt. Sie verkauften über 3.000 und nahmen 53.750 Äthiopische Birr (etwa 920 Euro) ein. Da sich die Einstellung zur Umwelt zunehmend ändert, hoffen sie, dieses Jahr 10.000 Setzlinge verkaufen zu können.

Im Rahmen des grünen Projekts wurden außerdem an sechs Grundschulen in Tulu Moye Öko-Waldgärten angelegt und das Bewusstsein geschärft, wie man Wasser sparen kann.

"Ich habe viel darüber gelernt, wie ich unsere Umwelt schützen kann“: Nefisa, Teilnehmerin des Umweltprojekts im äthiopischen Tulu Moye. Foto: Petterik Wiggers

"Ich gebe das Wissen weiter"

Nefisa und Meseret setzen sich in ihrer Gemeinde für das Pflanzen von Bäumen ein. Sie klären die Menschen über die Klimakrise auf und ermutigen sie, ihren Beitrag zum Umweltschutz zu leisten.  "Ich gebe das Wissen weiter, das mir die SOS-Kinderdörfer vermittelt haben, wie man die Bäume pflegt und wie wichtig sie für die Umwelt sind", sagt Meseret,

"Unser Projekt hat bereits viel in unserer Gemeinde bewirkt. Die Menschen haben begonnen, auf ihrem Grund Obstbäume zu pflanzen. Wenn die Bäume groß sind, werden sie die nahrhaften Früchte ernten und damit ihre Kinder ernähren.“

Nefisa, Teilnehmerin des Umweltprojekts

 

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