Eine zweite Kindheit

Shani hatte keine Kindheit: Nach dem Aids-Tod ihrer Mutter wurde sie misshandelt und missbraucht. Jetzt holt sie alles nach.

 
Ein SOS-Kind aus Südafrika - Fotos: Patrick Wittmann

Shani lacht. Sie sitzt im Gras und sieht ihrem kleinen Bruder zu, wie er immer wieder versucht, seinem älteren Bruder den Ball abzujagen. Und sie lacht. Es ist ein Kinderlachen, nicht das Lachen einer 15-Jährigen. Für eine solch alltägliche Szene musste Shanis SOS-Mutter viel Geduld, Liebe und Zeit aufbringen. Denn als Shani mit ihren vier Geschwistern ins SOS-Kinderdorf Umtata, Südafrika, kam, hatte sie alles verloren, was Kindsein ausmacht: Ihre Unschuld, ihre Unversehrtheit, ihr Lachen. Sie war spindeldürr und zitterte vor Angst. Heute, drei Jahre später, ist sie eine fröhliche 15-Jährige, die wie alle in diesem Alter versucht, erwachsen zu werden.

Shanis Mutter bekam ihre fünf Kinder in Durban, Vater unbekannt. Als sie an Aids erkrankte, brachte sie die Kinder zu ihrer Schwester aufs Land und flehte sie an, für sie zu sorgen. Bald darauf ging sie wieder zurück nach Durban, wo sie nach kurzer Zeit ihrer Krankheit erlag.

Shanis Tante hatte keine eigenen Kinder und wusste nicht, wie man mit fünf Kindern umgeht, die man einfach bei ihr "abgesetzt" hatte. Sie zwang Shani schwere Arbeiten zu tun, für die sie noch zu klein war und die sie nicht verstand. Wenn Shani nicht begriff, schlug ihre Tante auf sie ein. Ein Nachbar, der die Kinder oft schreien hörte, alarmierte schließlich eines Tages die Ambulanz. Shani wurde mit schweren Verletzungen am Kopf und Prellungen am Körper in ein Krankenhaus eingeliefert. Dort stellte man zudem fest, dass Shani von ihrem Onkel sexuell missbraucht wurde. Sie hatte Narben am ganzen Körper.

 

Große Ziele: Shani will Anwältin werden

Shanis Fall wurde dem Social Welfare-Center Südafrikas gemeldet, das die Kinder in Sicherheit brachte. Sie wurden kurz in einem Heim untergebracht, bis die SOS-Kinderdörfer die Formalitäten geregelt hatten. Dann konnten Shani und ihre Geschwister endlich ins sichere SOS-Kinderdorf Umtata gebracht werden.

Shani ist jetzt seit drei Jahren im Kinderdorf und hat sich gut eingelebt. "Ich habe viel bekommen", sagt sie, "Kleider, Freunde. Und meine SOS-Mutter Elisabeth ist wirklich gut zu mir." Physisch ist Shani wieder genesen. Sie ist stark und fit, spielt gerne Handball. Sie hat viele Freunde im Dorf. Oft stecken sie die Köpfe zusammen und reden bis in den Abend. Manchmal tanzen sie auch zusammen oder kochen. "Am liebsten koche ich eine ganze Mahlzeit", sagt Shani, "mit Hühnchen, Reis und Gemüse."

In der Schule allerdings hat sie es schwer. Sie besucht die siebte Klasse, leidet unter Konzentrationsstörungen und vergisst oft ihre Hausaufgaben oder weiß nicht, wie man sie macht. Nichts desto trotz träumt sie davon, Rechtsanwältin zu werden: "Ich kann gut reden", sagt sie mit einem verschmitzten Lächeln. "Und ich möchte den Leuten helfen, die sich selbst nicht wehren können."

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