Cherline vor den Notunterkünften im SOS-Kinderdorf auf Haiti.

Ein neues Leben für Cherline

Vor zehn Jahren verlor Cherline Jean ihre Eltern. Sie starben während des verheerenden Erdbebens auf Haiti. Im SOS-Kinderdorf fand Cherline ein neues Zuhause. Als junge Frau blickt sie heute zurück.

Cherlines Leben verändert sich für immer um 16.53 Uhr am 12. Januar 2010. Die Erde bebte mit einer Stärke von 7,0 auf der Richterskala. Es war eines der schwersten Beben in der Geschichte Amerikas. Tausende Kinder wurden damals zu Waisen. Auch Cherlines Eltern wurden von herabstürzenden Trümmern erschlagen. Tagelang irrte sie hilflos umher, auf der Suche nach Verwandten oder jemandem, der ihr etwas zu essen und zu trinken gab. Irgendwann brachten Helfer sie nach Port-au-Prince zur Notunterkunft der SOS-Kinderdörfer. Dort standen einige Zelte und Häuser aus weißem Kunststoff. Cherline war schwer traumatisiert und sprach wochenlang kein Wort. Sie erinnert sich:

"Mir ging es damals sehr schlecht. Ich dachte die ganze Zeit an meine Eltern und an unsere schöne Hütte auf dem Land, die jetzt vollkommen zerstört war. Ich machte mir große Vorwürfe, dass ich nichts für meine Eltern hatte tun können – und dass ich noch am Leben war, sie aber nicht.“

CHERLINE JEAN

Manche weinen noch immer 

400 elternlose Kinder wurden damals im SOS-Kinderdorf aufgenommen. Es war heillos überfüllt. SOS-Kinderdorf-Mutter Francoise erinnert sich: "Wir magerten alle stark ab, so sehr hat uns das Schicksal der Kinder mitgenommen. Wir gaben einfach unser Bestes, damit es den Kindern besserging. Doch manche Kinder leiden bis heute. Sie vermissen ihre Eltern, ihre Geschwister, ihr Zuhause. Sie haben Albträume und manchmal weinen sie – auch zehn Jahre nach dem Beben." 

Bis heute ist das SOS-Kinderdorf Santo ausgelastet, viele Kinder sind auch außerhalb in Häusern untergebracht – so wie damals auch Cherline und ihre SOS-Familie.

 

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"Obwohl uns Erinnerungen und Sehnsucht quälten, kehrte für viele irgendwann so etwas wie Normalität ein. Ich hatte ein schönes Zimmer mit einem eigenen Bett und einem Schrank für meine Kleidung. Ich war auch froh, dass wir nicht mehr in den weißen Kunststoffhütten wohnen mussten, denn die Hitze dort drinnen war oft unerträglich", erzählt Cherline.

"Wo ich herkam, da gab es keine Schule. Im SOS-Kinderdorf habe ich mich auf den Unterricht gefreut", erzählt Cherline.

"Im Kinderdorf wurden wir jeden Morgen um halb sechs geweckt. Wir waren 14 Kinder und mussten alle rechtzeitig für die Schule fertig sein. Meine Kinderdorf-Mutter, die ich 'Tante Madeleine' nannte, machte mir die Haare – ein weißes Bändchen um die Zöpfe und zum Schluss noch einen Schuss Puder an den Hals. Weil das bei den Mädchen in Haiti als schick galt und immer noch gilt. Das war ein kleiner Luxus für mich im SOS-Kinderdorf Santo, den ich sehr genossen habe, weil ich das vorher nicht kannte. Ich wuchs auf dem Land bei meinen Eltern auf. Ich mochte ihre einfache Hütte gerne und die Tiere und die Nachbarskinder, mit denen ich spielen konnte. Aber meine Eltern lebten von Ackerbau und Viehzucht, da konnte sich niemand Kosmetik wie Puder leisten. Das Leben war einfach. Ich konnte anfangs auch nicht zur Schule gehen, denn auf dem Land gab es keine.“

"Tatsächlich ist das Kinderdorf meine Heimat geworden, auch wenn ich noch oft an zuhause und an meine Eltern denken musste. Aber hier im Dorf habe ich meine besten Freunde Darlene und andere SOS-Geschwister gefunden. Es war ein Glück im Unglück, dass ich hierhergekommen bin. Wenn nicht hier, wo hätte ich dann eine Chance auf ein neues Leben bekommen können? Es ist für mich wie ein kleines Paradies."

CHERLINE JEAN
"Wie wir damals", sagt Cherline, "so sehen die Kinder heute ihr SOS-Kinderdorf als 'kleines Paradies'."

Die Kunststoff-Notunterkunft, in der Cherline nach dem Erdbeben eine erste Bleibe gefunden hatte, dient heute als Büro. Von damals hängen noch Zeichnungen der Kinder an der Wand. Zeichnungen, auf denen die Kinder ihre Erinnerungen, ihre Sehnsucht und oft auch ihren Schmerz zum Ausdruck gebracht haben. Zeichnungen von Eltern, Geschwistern, Tieren und Häusern, die damals zurückgeblieben sind. Die Kinder gehen im SOS-Kinderdorf ihren Weg, oft genug zuversichtlich und mutig. Aber das heißt nicht, dass sie vergessen hätten, woher sie kommen.

 

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