Durch die Worte der Jugendlichen merke ich: Wenn die Probleme so viel akuter sind, wenn es darum geht, den heutigen Tag zu überleben, fällt es schwer, sich auch noch Gedanken über die Klimakrise machen. Was mir auffällt, ist, dass viele der Jungs denken, nichts über den Klimawandel zu wissen – doch als wir weitersprechen, stellt sich heraus, dass sie eben doch einiges wissen und beobachten.
Ich erzähle ihnen, dass in meiner Kindheit Schnee im Winter ganz normal war, aber dass wir inzwischen in Deutschland immer weniger Frost und Schnee haben. Auf einmal reden sie durcheinander auf mich ein, in einer Mischung aus Spanisch, Italienisch und Englisch. Sie haben auch etwas gemerkt: "Der August war dieses Jahr viel zu warm!" "Und wisst ihr noch, überall in Süditalien hat es gebrannt vor einigen Wochen." Lio erinnert sich, dass es manchmal im Winter Schnee gab in Mailand, als er noch klein war. Besonders schön ist es, dass auch Pepe viel mitdiskutiert – er, dem angeblich alles egal ist.
Wir reden darüber, dass die Stürme und Regenfälle heftiger werden. Schließlich zeige ich ihnen am Smartphone Videos von der Flutkatastrophe in Westdeutschland. Sie sammeln sich um das Display, schweigend, die Gesichter betroffen. Matteo wirkt nachdenklich, als ich sage, dass durch die Klimakrise solche Katastrophen häufiger auftreten werden. Vielleicht denkt er an seine kleine Tochter?
"Die Erwachsenen denken immer nur ans Geld. Hört auf, die Wälder zu zerstören und die Pflanzen- und Tierwelt auszurotten! Hört auf, Müll in die Meere zu kippen!"
Gabriele (14) hat in der Schule eine Schularbeit über den Klimawandel geschrieben: "Die Bäume sind die Lunge der Erde“, sagt er. Auch wenn er in seinem täglichen Leben nichts vom Klimawandel spüre, "je mehr ich darüber nachdenke, umso betroffener bin ich, wenn ich an meine Kinder in der Zukunft denke". Luca (17) sagt schüchtern, dass er über die Klimakrise nichts weiß. Dann sprudeln die Worte aus ihm hervor, die das genaue Gegenteil beweisen. "Das Eis schmilzt. Tiere sterben, wir Menschen zerstören die Natur. Darüber bin ich traurig." Er hängt auch eine Forderung an die Erwachsenen an: "Sie denken immer nur ans Geld. Hört auf, die Wälder zu zerstören und die Pflanzen- und Tierwelt auszurotten! Hört auf, Müll in die Meere zu kippen!"
Das Gespräch mit den Jungen aus Mailand bewegt viel in mir. Ich komme aus der Umweltwissenschaft, für mich ist das Thema Klimakrise und die Auswirkungen, die vor allem Kinder und Jugendliche betreffen werden, nichts Neues. Doch für diese Jungs, die so viel erlebt haben in ihrem Leben, zählt das Leben heute, sie wünschen sich Sicherheit. Das ist eine wirklich wichtige Erkenntnis für mich. Trotzdem: Unser Gespräch zeigt, dass sie doch so einiges von der Klimakrise wissen und wie wichtig es ist, ihnen zuzuhören, sie ernst zu nehmen und ihnen zu erklären, dass sie die Macht haben, die Welt zu verändern. Als ich sie fotografiere, sind sie für einen kurzen Moment vor allem eins: Jungs, die herumalbern, lachen und nur im Augenblick leben.
Die Jugendlichen wissen mehr von der Klimakrise als sie denken. Es ist wichtig, ihnen zuzuhören, sie ernst zu nehmen und ihnen zu erklären, dass sie die Macht haben, die Welt zu verändern.
Das Schönste für mich ist, dass unser Gespräch am Caldonazzo-See wohl auch die Jugendlichen inspiriert hat: Ihre Betreuerin schrieb mir vor einigen Tagen eine Nachricht, dass sie auf den globalen Klimastreik am 24. September gehen wollen. Das zeigt einmal mehr, wie wichtig es ist, dass wir einander zuhören und gemeinsam an einer neuen Welt arbeiten, die besser und gerechter für alle ist.