Nour*, Ammar und Ruba sind drei Kinder, die den Schrecken des Krieges im Gazastreifen entkommen sind. Im März gelang es, sie mit einer Gruppe aus dem SOS-Kinderdorf Rafah ins Westjordanland nach Bethlehem zu bringen. Wie geht es ihnen heute? Trotz der traumatischen Erlebnisse haben sie es geschafft, sich in ihrem neuen Zuhause einzuleben - und schulische Erfolge zu feiern.
Nour glänzt mit ihren Gedichten in der Sommerschule
Als Nour (15) in Bethlehem ankam, wollte sie nicht mit anderen Menschen sprechen. Sie kapselte sich ab, zog sich auch von ihren Freundinnen zurück. Sie litt untern den traumatischen Erlebnisse des Krieges und unter zahlreichen gesundheitlichen Problemen. Auch in der Schule stand das Mädchen vor großen Herausforderungen und kämpfte mit Selbstzweifeln. Denn in Rafah hatte sie seit Kriegsausbruch acht Monate lang nicht zur Schule gehen können und viel Stoff versäumt.
Nour hat ihre Liebe zur Poesie entdeckt: Sie schreibt Gedichte und drückt so ihre Gefühle aus. Foto: Lama Qattush
Doch Nour hat in Bethlehem wieder Halt gefunden. Die Unterstützung ihrer Betreuerin half ihr, neues Selbstvertrauen zu gewinnen. Ihren Lernrückstand konnte sie durch den Besuch von Intensivkursen in den Sommerferien aufholen. Dort hat die 15-Jährige auch ihre Leidenschaft für Poesie entdeckt, durch die sie ihre Gefühle ausdrücken kann. Als sie in der Sommerschule eines ihrer Gedichte vor der Gruppe vortrug, erhielt sie tosenden Applaus. Das war ein großer Schritt für das schüchterne Mädchen. Sie begeistert jetzt ihr Umfeld mit ihren Gedichten.
Sehnsüchtig wartet Nour auf das Ende der Ferien und den Schulbeginn. "Ich wollte die zehnte Klasse in Gaza abschließen, aber wegen des Krieges sind wir jetzt in Bethlehem", sagt Nour. "Ich freue mich sehr auf die Zehnte und möchte im Schulradio aktiv sein."
Ammar erzielt Bestnoten und Tore
Der 14-jährige Ammar ging in Rafah in die sechste Klasse, als der Krieg über sein Leben hereinbrach. Nach der Evakuierung nach Bethlehem schaffte er es mit viel Fleiß und Unterstützung, den versäumten Unterrichtsstoff nachzuholen.
Immer hilfsbereit: Ammar geht seiner Betreuerin im Haushalt zur Hand. Foto: Lama Qattush
Der Junge besuchte ein Bildungszentrum und nahm am Förderprogramm während der Sommerferien teil. Ammar machte bemerkenswerte Fortschritte - und schließlich hielt er voller Stolz ein Zeugnis mit Bestnoten in seinen Händen. Dies gab ihm neues Selbstbewusstsein und half ihm, sich in sein neues Umfeld in Bethlehem einzuleben.
Mama Kifah, Ammars Betreuerin, unterstützte ihn dabei und ermutigte den Jungen, einem Fußall-Verein beizutreten, wo er neue Freunde fand. Sie sagt: "Ich bin sehr stolz auf ihn. Er hilft mir bei der Hausarbeit und geht mir bei allem zur Hand."
Ruba findet im Englischkurs neue Freunde
Auch die 12-jährige Ruba kann stolz auf sich sein: Nach ihrer Ankunft in Bethlehem zeigte sie in der Schule großes Engagement. Ein Englisch-Förderkurs half ihr dabei, ihre Sprachkenntnisse zu verbessern und auch neue Freunde zu finden. Die sechste Klasse hat sie mit ausgezeichneten Noten in allen Fächern abgeschlossen.
Ruba nimmt an einer Gruppenaktivität im SOS-Kinderdorf Bethlehem teil. Foto: Lama Qattush
"Es war zu befürchten, dass die Kinder nach einer so langen Unterbrechung der Schule zurückfallen würden, aber als ich von Rubas Lehrerin von ihren schnellen Lernfortschritten hörte, war ich sehr optimistisch", sagt Mutaz Lubbad, Psychologe des SOS-Kinderdorfs Rafah, der mit den Kindern nach Bethlehem gegangen ist und dort mit ihnen arbeitet.
Ruba hat in Bethlehem wieder begonnen, an sich und ihre Zukunft zu glauben. In ihrer psychischen Entwicklung machte sie große Fortschritte, indem sie ihre Ängste überwand. Ruba liebt es, mit Ton zu arbeiten und Kunstwerke zu erschaffen, die ihre Gedanken und Gefühle ausdrücken. Dank der liebevollen Unterstützung lebt sie nun in einem stabilen Umfeld, das ihr hilft, ihre traumatischen Erlebnisse zu verarbeiten.
* Namen der Kinder zum Schutz der Persönlichkeitsrechte geändert