Von der Teenage-Mutter zur "Psychologin"

Mercedes arbeitet als ehrenamtliche Beraterin im SOS-Zentrum in Bogotá

 


Neuanfang für Familien: Die SOS-Familienhilfe begleitet vor allem alleinerziehende Mütter und ihre Kinder in eine bessere Zukunft - Foto: A. Gabriel
Sie wurde als Kind ausgesetzt, kam in ein Heim, lief weg und wurde Mitglied einer Gang von Ladendieben. Ihr erstes Kind bekam sie, als sie noch ein Teenager war. Gewalt und Schläge bestimmten ihr Leben - und so schlug sie auch ihre Kinder, mit deren Versorgung und Erziehung sie völlig überfordert war.

Vor zehn Jahren schwor sich Mercedes, ihren drei Töchtern eine bessere Mutter zu sein. Hilfesuchend wandte sie sich an das SOS-Sozialzentrum Cazucá, das sie und ihre Kinder unterstützte. Der alleinerziehenden Mutter gelang es, ihr Leben zu ändern. Aus Dankbarkeit begann sie, sich in dem Zentrum ehrenamtlich zu engagieren: Nach wie vor leitet sie dort Workshops und Selbsthilfe-Gruppen für schwangere Frauen und alleinerziehende Mütter - Frauen, deren Leidens- und Lebensgeschichte der ihren oft sehr ähnelt.


Kinder aus einem Armenviertel in Bogotá

Gestrandet im Elendsviertel Cazucá

Cazucá, im Süden Bogotás, ist die größte der illegalen Siedlungen Kolumbiens, in denen vor allem Bürgerkriegsflüchtlinge gestrandet sind. Es handelt sich um Elendsviertel, in denen es meist keinen Strom, keine Kanalisation und oft auch keine Trinkwasserversorgung gibt. Armut und Perspektivlosigkeit prägen den Alltag und jeder Vierte kann nicht lesen und schreiben. Unter den Kindern ist die Schulabbruchquote erschreckend hoch, ganz besonders in Altos de Cazucá. Dort befindet sich das SOS-Sozialzentrum Cazucá, das bedürftigen Familien wie Mercedes und ihren Kindern beisteht.

Mercedes und ihre Töchter Karen, Jennifer und Carol gehörten zu den ersten, die vor zehn Jahren in das damals neue Familienhilfe-Programm aufgenommen wurden. "Im SOS-Sozialzentrum bekamen meine Kinder etwas zu essen und die Betreuung, die ich ihnen damals nicht geben konnte. Ich ging dorthin zur Beratung und erhielt dort auch psychologische Unterstützung. Das half mir zu verstehen, dass mein aggressives und verantwortungsloses Verhalten auch die Folge davon war, dass ich selbst unter Misshandlung und Vernachlässigung gelitten hatte", sagt Mercedes.


Kinderbetreuung, Beratung, Fortbildung: Im SOS-Sozialzentrum in Bogotá erhalten Familien vielfältige Unterstützung

Neue Lebenskraft, beruflicher Erfolg und ehrenamtliches Engagement

Beratung und psychologische Begleitung gaben Mercedes neues Selbstbewusstsein und Lebenskraft. Sie fand eine feste Arbeit. Und als Mutter lernte sie, ihre Töchter zu respektieren. Zwei Jahre später wurde sie gefragt, ob sie nicht im SOS-Sozialzentrum als ehrenamtliche Helferin mitarbeiten wolle. "Meine Kinder und ich selbst hatten SOS so viel zu verdanken, also habe ich sofort ja gesagt", erzählt Mercedes. "Für mich war es auch eine großartige Chance, von den Beratern und Sozialarbeitern zu lernen. Und ich konnte meine eigene Lebenserfahrung bei der Beratung von notleidenden Frauen einbringen." Ihr ehrenamtiches Engagement im SOS-Sozialzentrum half Mercedes später, als kommunale Familienberaterin in der Gemeinde Soacha angestellt zu werden. Dort arbeitete sie vier Jahre, bis sie sich beruflich veränderte und als leitende Angestellte zu einer Firma wechselte.

Doch nach wie vor - an Wochenenden - arbeitet Mercedes im SOS-Sozialzentrum als ehrenamtliche Beraterin und Workshop-Leiterin. Es fällt ihr leicht, sich in die Lage der Frauen zu versetzen, die oft völlig verzweifelt zu ihr kommen, und wenn sie einen Rat gibt, dann weiß sie, wovon sie spricht. Das macht sie so gut und einfühlsam, dass alle der Meinung sind, dass sie eigentlich ein Psychologie-Diplom verdient hätte - ihr Spitzname ist daher "die Psychologin".

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