Galina und ihre vier Kinder sind eine enge Gemeinschaft. Wenn sie abends zusammensitzen, lachen, reden und Pläne schmieden, ist das für die Kinderdorfmutter die schönste Belohnung.
Galina hatte eigentlich nie geplant, sich beruflich um Kinder zu kümmern. "Ich arbeitete in der Verwaltung eines Geschäftes und war zufrieden damit", erzählt sie. "Als wir 2006 wegen Renovierung für eine Zeit schließen mussten, suchte ich nach einem Übergangsjob und im SOS-Kinderdorf Kandalaksha wurden Mitarbeiter gesucht. Ich dachte: Warum nicht?"
Galina wurde genommen und unterstützte in der nächsten Zeit die Kinderdorfmütter, half, wo sie gebraucht wurde. Von Anfang an fühlt sie sich "genau am richtigen Platz" und als sie nach einigen Monaten einen Anruf von ihrem früheren Arbeitgeber erhielt - sie könne jetzt zurückkommen, die Renovierung sei abgeschlossen -, entschied sie sich, lieber im Kinderdorf zu bleiben.
"Wir reden, bis wir eine Lösung finden, die für alle passt"
"Mein eigener Sohn war fast erwachsen und studierte weit weg von Kandalaksha und ich hatte noch so viel Energie, soviel Wärme, die ich teilen wollte", sagt Galina. Sie arbeitete im Kinderdorf zunächst als Familienhelferin und wurde dann SOS-Mutter. Inzwischen haben ihre ersten beiden Kinder das SOS-Dorf bereits verlassen, aber sind weiterhin im regen Austausch mit Galina. Aktuell ist sie Mutter für vier Jungen und Mädchen. "Immer wieder eine Herausforderung", sagt sie. "Sie sind alle unterschiedlich, haben ihre Geschichte, ihr Erinnerungen, ihre Bedürfnisse. Als Kinderdorfmutter muss ich immer wieder abwägen, wo ich gerade am meisten gebraucht werde: Wer hat eine Umarmung nötig? Wer besondere Aufmerksamkeit? Aber auch: Wer braucht Unterstützung mit den Schulaufgaben? Wer einen neuen Haarschnitt?"
Kein Tag gleiche dem anderen. Langweilig werde ihr nie. Galina ist glücklich, dass sich ihre Vier auch untereinander gut verstehen und unterstützen. Ihr Motto haben sie bei den vier Musketieren ausgeliehen: "Einer für alle, alle für einen!" Galina kann sich gut vorstellen, dass sie auch als Erwachsene füreinander da sein werden.
Besucht man die Familie, so erlebt man eine kleine Gemeinschaft, die eng zusammengewachsen ist. Galina betont: "Natürlich haben auch wir unsere Probleme, wir geraten auch mal aneinander. Meist setzen wir uns dann zusammen und reden so lange, bis wir eine Lösung finden, die für alle passt."
"Wenn Ivan Freundschaften schließt und Maxim das erste Mal lacht…"
Sie sprechen überhaupt sehr viel: wie man mit verschiedenen Menschen umgeht, verschiedenen Meinungen, wie wohl die Zukunft wird und wie man Frieden mit der Vergangenheit schließen kann. Galina versucht den Kindern dabei zu helfen zu akzeptieren, was passiert ist und sie ermutigt sie, den Kontakt zu ihren leiblichen Eltern zu halten. Sie lacht. "Am schönsten ist es, wenn dann eines der Kinder sagt: Mama, ich soll dir Grüße von Mama ausrichten!"
Die vier Kinder lieben Galina, sie vertrauen ihr, das ist offensichtlich. "Aber nicht nur sie profitieren", sagt Galina. "Wenn Ivan Freundschaft mit seinen neuen Klassenkameraden schließt, wenn Anna einen Preis für das schönste Bild gewinnt, wenn Maxim das erste Mal lacht, wenn Dima an einem Autoreparaturkurs teil, von dem er schon lange geträumt hat, dann sind das auch für mich Erfolge. Wenn sie mich küssen und umarmen, wenn wir am Abend zusammensitzen, reden, lachen und Pläne schmieden, fühle ich mich wertgeschätzt und gebraucht. Das ist die schönste Belohnung für mich!"