Als Sirah sechs Jahre alt war, zerstörte eine Bombe sein Elternhaus und tötete seine Mutter und seinen Vater. Noch heute erinnert sich der Junge an den Schal, den seine Mutter an ihrem Todestag trug.
Polizist möchte er einmal werden, erzählt Sirah* (10). "Damit ich die Menschen, die ich gerne habe, beschützen kann." Seinen Berufswunsch hat der Zehnjährige vor einiger Zeit geändert, als er festgestellt hat, dass er sich seinen größten Traum nicht erfüllen können wird. "Früher wollte ich immer Zauberer werden, damit ich meine Eltern herbeizaubern kann. Aber jetzt weiß ich, dass das nicht geht", sagt Sirah.
Der Junge war gerademal sechs Jahre alt, als er seine Eltern verlor. An jenem Tag spielte er gerademit seinen älteren Brüdern auf der Straße vor seinem Elternhaus in Daria, als eine Bombe das Gebäude traf und dem Erdboden gleich machte. Der Vorort von Damaskus war unter der Kontrolle des Widerstands und Zielscheibe für Luftangriffe der Assad-Armee. Seine Mutter und sein Vater, die sich in dem Haus aufhielten, waren sofort tot. Aus den Trümmern konnte die herbeigeeilten Helfer nur noch ihre Leichen bergen.
"Als der Kleine zu uns ins Kinderdorf kam, weinte er viel und wünschte sich nur zu seinen Eltern zurück", erzählt Maysa (50), die den Jungen in ihre Familie im SOS-Kinderdorf Qodsaya bei Damaskus aufnahm. "Sirah spricht bis heute über die Farbe und das Muster des Schals, den seine Mutter an ihrem Todestag trug. Es hat viel Zeit und lange Gespräche gekostet, bis er Vertrauen zu mir aufgebaut hat", sagt Maysa. Das sei unter den schwierigen Umständen gar nicht so einfach gewesen. "Das war die Zeit, als wir das Kinderdorf in Aleppo evakuieren mussten und die Kinder und Mitarbeiter von dort bei uns in Qodsaya aufgenommen haben. Da herrschte oft ein heilloses Durcheinander", erinnert sich Maysa.
Von den sieben Kindern, die sie in ihrem Haus betreut, ist Sirah eines der Kinder, das besonders viel Aufmerksamkeit benötigt. "Er fragt mich Löcher in den Bauch, diskutiert viel und will immer alles ganz genau wissen", erzählt Maysa lachend.
"Er hat seine Situation inzwischen akzeptiert"
Seit vier Jahren ist sie nun Sirahs SOS-Mutter. Die beiden haben eine enge Beziehung aufgebaut. "Er hat seine Situation inzwischen akzeptiert. Nur wenn er seine älteren Brüder in unserer Jugendeinrichtung oder seine große Schwester in der Stadt besucht, dann kehrt er immer ganz traurig zurück", sagt Maysa. "Seine Schwester lebt in ganz schwierigen Verhältnissen. Da leidet dann auch er. Sirah hat ein gutes und großzügiges Herz. Er übernimmt gerne Verantwortung."