Das Recht, nicht zu funktionieren!

Zum Weltkindertag am 20. September 2011: Dr. Wilfried Vyslozil, Vorstand der SOS-Kinderdörfer weltweit, erzählt, warum Kinder ein Recht haben, nicht zu funktionieren und warum 150 Millionen Kinder unbedingt unsere Hilfe brauchen.


 
Dr. Wilfried Vyslozil, Vorstand der SOS-Kinderdörfer weltweit

Vor ein paar Wochen besuchte ich ein SOS-Kinderdorf im Libanon. Es war Abend geworden, wir hatten gerade aufgegessen, die Kinder gingen schon gähnend in ihre Zimmer. Bis auf ein etwas grimmiges, elfjähriges Mädchen. Sie war müde, wollte ins Bett, musste aber noch ihre Englisch-Hausaufgaben machen. Es gab einen kleinen Disput mit ihrer Mutter. Warum sie die Hausaufgaben nicht am Nachmittag gemacht hätte wie alle Kinder. "Ich hatte keine Lust", maulte das Mädchen. Ich bot mich an, mit ihr die Hausaufgaben zu machen, das stimmte sie milder. Sie sollte einen Text auf Englisch schreiben, das Thema war Ökologie. Ich fragte sie, was an diesem Thema für sie persönlich am interessantesten sei. Sofort sprudelte es aus ihr heraus: Sie nannte mir acht verschiedene, seltene Vogelarten, die auf den kleinen Inseln vor der Küste des Libanon leben. Sie kannte alle Vogelschutzgebiete, die sich auf diesen Inseln befinden und zeigte mir Bilder von ihren Lieblingsvögeln in einem ihrer Bücher. Sie will Vogelschützerin werden, sagte sie mir. Die erste Vogelschützerin des Libanon. Das gefiel mir! Mein innerer Pädagoge jubelte! Das Kind interessiert sich! Lebt auf! Geschafft!

 

 

Drei Freundinnen im SOS-Kinderdorf Ksarnaba, Libanon

Später wurde mir aber klar, dass dieser Abend mir noch etwas viel Wertvolleres gezeigt hat: Das Kind hatte die Freiheit zu trödeln. NICHT zu funktionieren. Hausaufgaben aufzuschieben. Wäre sie nicht zu den SOS-Kinderdörfern gekommen, hätte sie für diese Art schlechter Laune keine Gelegenheit: Sie müsste sich möglicherweise "nützlich machen" und kochen und putzen und ihre Brüder in die Schule bringen.

Genau darin sehe ich die Besonderheit der SOS-Familien. Die Mädchen und Jungen dürfen "normale" Kinder sein, sie dürfen trödeln, lustlos sein und  sich beschweren. Denn auch und gerade die Freiheit, nicht perfekt zu funktionieren, macht eine Kindheit aus.

Der Weltkindertag ist auch dafür da: An all die Kinder zu denken, die das schon haben - Bildung, Eltern, Frieden. Denn dann fallen einem auch die 150 Millionen Kinder auf der Welt ein, denen das fehlt. Das müssen wir noch ändern.

 

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