"Über den Fußball kriegen wir sie", hatten sich die beiden Religionslehrerinnen Andrea Kames und Sabine Halbeisen ausgerechnet. Und dann waren selbst sie überrascht, mit welchem Eifer sich die Schüler in dieses Projekt hineinknieten.
Ein ganzes Jahr lang hat die Berufsschule Jülich die Aktion "6 Dörfer für 2006" begleitet, die die SOS-Kinderdörfer anlässlich der Fußballweltmeisterschaft ins Leben gerufen haben: In Brasilien, Mexiko, Südafrika, Nigeria, Vietnam und der Ukraine sollen neue Kinderdörfer gebaut werden, um verlassenen Kindern ein Zuhause zu geben.
50 Berufsschüler teilten sich die Aufgaben: Die einen entwarfen den Flyer - und lernten etwas über Textverarbeitung und Vermarktung -, andere kümmerten sich um das Fußballturnier - und lernten etwas über Organisation-, wieder andere entwarfen die Plakate zu den sechs Ländern, in denen die neuen SOS-Kinderdörfer entstehen sollten - und lernten zu recherchieren. Andere verkauften Waffeln, stellten Spendenhäuser in Geschäften auf, entwarfen Werbebriefe für ihre Ausbilder, organisierten ein Torwandschießen und eine Straßensammlung.
Getragen vom Vertrauen ihrer Lehrer und der Freiheit, die Aktion eigenständig zu lenken, taten die Schüler mehr als das Notwendige. Andrea Kames: "Zum Beispiel haben sie unheimlich viel Arbeit in die Länderplakate gesteckt. Das war kein Bildchenkleben, sondern eine intensive Auseinandersetzung." Und Schüler, die sich sonst im Unterricht schwer taten, entwickelten eine Kreativität und Phantasie, die den Lehrern bis dahin verborgen war. Immer wieder kam jemand mit einer neuen Idee, die er beisteuern wollte, bis die Lehrerinnen schließlich Stopp sagen mussten, weil längst ein Rahmen erreicht war.
Die meisten der Jülicher Schüler machen am Berufskolleg ihren Realschulabschluss nach, darunter viele Türken, Russlanddeutsche, Marokkaner. "Ihre Chancen sind auch danach nicht unbedingt rosig, aber die meisten versuchen, das Beste daraus zu machen", sagt Andrea Kames. Eine Mischung aus jugendlichem Optimismus und Realismus sei das. Gegen Ende der Oberstufe allerdings sei die Stimmung oft gedämpfter. "Wenn die Schüler reihenweise Absagen bekommen, sind sie schon manchmal deprimiert. Oder sie ärgern sich, weil die Betriebe sich gar nicht zurückmelden." Dagegen die Projektarbeit: Da ging etwas vorwärts, die eigenen Ideen funktionierten. Plötzlich schwappte Stolz mit, wenn die Schüler von "ihrer Schule" und "ihrer Kampagne" sprachen. Ein neues Wir-Gefühl entstand. "Der Zusammenhalt an einer Berufsschule ist ja selten so gut wie an einer anderen Schule. Über das Projekt ist es uns gelungen, die Schüler viel mehr zu einer Einheit zusammenzuschweißen", erklärt Andrea Kames.
Am Ende waren alle begeistert, dass sie eine ganze Menge Geld für den Bau der sechs neuen Kinderdörfer beisteuern konnten, und für die Lehrer steht schon fest: "Im nächsten Jahr werden wir wieder so ein Projekt starten!"
Wenn Sie jemanden als Spender der Woche vorschlagen möchten, schreiben Sie bitte an: simone.kosog@sos-kd.org