Mit 26 Jahren starb Ute Schildmacher bei einer Kajak-Tour; trotz Sicherheitsweste, Helm und obwohl sie eine gute Kajakfahrerin und das Gewässer nicht einmal schwierig war. Gegen den Strudel, der sie unter Wasser zog, hatte sie keine Chance. Zurückblieben ihre Mutter, ihr Vater, ihre Schwester und ihr Bruder und konnten nicht verstehen: Warum Ute? Warum so ein furchtbares Unglück? Und wie sollte es denn jetzt möglich sein, weiterzuleben?
Gemeinsam beschlossen die Schildmachers, ihrer Trauer einen Weg zu geben, etwas Positives daraus wachsen zu lassen. Und es war Ute, die sie dabei führte. Ute, die so viele Ideen und Ziele hatte, die so gerne reiste, vor allem nach Argentinien - nach einem Studienaufenthalt kam sie immer wieder dort hin. Ute, die sich für den Austausch der Kulturen engagierte und regelmäßig für die SOS-Kinderdörfer spendete.
"Wir suchten nach einem Projekt, mit dem wir Utes Ideen weiterführen konnten", sagt ihre Mutter, Margret Schildmacher. Nach mehreren Gesprächen mit der zuständigen Projektbetreuerin der SOS-Kinderdörfer entstand schließlich der Plan, im SOS-Kinderdorf Cordoba in Argentinien ein komplettes Familienhaus zu finanzieren, "Casa Ute".
In den nächsten zwei Jahren war die ganze Familie gefordert, um die erforderlichen 50.000 Euro zusammenzubringen - eine Menge Geld. Als erstes verschickten die Schildmachers über 400 Spendenaufrufe an Freunde und Bekannte. "Die Resonanz war riesig", sagt Margret Schildmacher. Nachbarn spendeten, ehemalige Lehrer spendeten, Freunde aus der ganzen Welt schickten kleine Summen oder große. "Das hat uns völlig überwältigt. Jede Spende hat uns im Herzen berührt."
Es folgten weitere Aktionen. Anne Schildmacher, die Schwester von Ute, verkaufte Waffeln auf Schulfesten, ihr Bruder Robert versteigerte alles, was er finden konnte, über ebay, ihr Vater Siegfried bat zu seinem Geburtstag um Spenden statt Geschenken und Mutter Margret stellte sich wochenlang mit einer Freundin auf den Flohmarkt. Ein Stück Trauerarbeit für jeden von ihnen. Auch das Umfeld der Familie schloss sich an. In Utes ehemaligem Gymnasium beispielsweise wurde das Projekt im Unterricht thematisiert und die Einnahmen vom Schulfest gingen ebenfalls auf das Konto der SOS-Kinderdörfer, Stichwort "Ute". So kamen immer mehr Bausteine zusammen, bis die 50.000 tatsächlich geschafft waren.
Zur Einweihung von Haus Ute flog die Familie Schildmacher nach Argentinien. Sie sah das Backsteinhaus im SOS-Kinderdorf, auf dessen Fensterbänken schon die ersten Blumentöpfe standen und an dessen Wand, gleich neben der Tür, eine Gedenktafel für Ute hing. Sie lernte Lucia Rodriguez kennen, die SOS-Kinderdorf-Mutter des neuen Hauses, und die Kinder: Brenda, mit sechs Jahren die Jüngste, Lucas, mit 14 Jahren der Älteste, und die sechs weiteren. Es habe gut getan, die lachenden Jungen und Mädchen zu sehen und zu erleben, wie hier eine Familie zusammenwächst, betont Margret Schildmacher.
"Der Tod von Ute ist für uns immer noch schlimm, aber indem wir uns für andere engagiert haben, haben wir neuen Lebensmut geschöpft. Das war unendlich wichtig."