Statement: Die SOS-Kinderdörfer und ihr Engagement in Syrien

Erklärung zu Transparenzstandards

Aus Transparenz-Gründen und im Sinne des Kinderschutzes informieren wir an dieser Stelle nach bestem Wissen und aktuellem Kenntnisstand über die Faktenlage bezüglich des Engagements der SOS-Kinderdörfer in Syrien. Dabei gilt es zu berücksichtigen, dass einige der hier veröffentlichten Informationen im Laufe der Zeit überholt sein können. Wir werden diese Seite daher regelmäßig bei Bedarf aktualisieren.

(Stand: 18.08.2025)

Seit 1975 sind die SOS-Kinderdörfer in Syrien aktiv und haben sich in Zeiten großer politischer und sozialer Unruhen zahlreichen Herausforderungen gestellt.

Nach dem Fall des Assad-Regimes in Syrien haben wir uns weiterhin dafür eingesetzt, Kinder zu betreuen und zu schützen, die ihre elterliche Fürsorge verloren haben oder in akuter Gefahr waren, sie zu verlieren. Das Wohl und die Sicherheit der Kinder und Jugendlichen bleibt unsere Priorität.

Im Zuge der Befreiung Syriens vom Assad-Regime haben sich Personen an unseren Länderverein SOS-Kinderdorf Syrien gewandt, die auf der Suche nach vermissten Angehörigen sind, die als Kinder unter der Assad-Herrschaft von ihren Familien getrennt wurden. Nach aktuellem Kenntnisstand bleibt die Faktenlage unklar. Gemeinsam mit den Vertretern der zivilen Übergangsregierung sowie internationalen Gremien und Organisationen werden wir alles dafür tun, um den Verbleib der Kinder aufzuklären.

Das Management der SOS-Kinderdörfer weltweit mit Sitz in München wurde 2023 erstmals darüber informiert, dass dem Länderverein Syrien in der Vergangenheit Kinder und Jugendliche zwangsweise von der syrischen Staatssicherheitsbehörde zugewiesen wurden und vorübergehend, jedoch auf unbestimmte Zeit vom Länderverein betreut werden sollten. In den meisten Fällen waren die Eltern der Kinder von den syrischen Behörden inhaftiert worden. Diese Praxis entsprach und entspricht nicht unseren internationalen Standards und unseren Statuten, weshalb wir umgehend reagiert haben und vollständige Aufklärung durch den Verein SOS-Kinderdorf Syrien gefordert haben. Aufgrund der Eigenständigkeit der nationalen Vereine, so auch des Vereins SOS-Kinderdorf Syrien, haben wir auch als internationale Organisation nur begrenzt Einblicke in die Abläufe vor Ort.

Darüber hinaus haben wir selbst eine Sonderuntersuchung durch zwei unabhängige internationale Anwälte und ihr Team in Auftrag gegeben. Seit Mitte letzten Jahres haben die Anwälte Million Berhe und Thomas Foley und ihr Team recherchiert, mit Angehörigen und Zeitzeugen gesprochen, Dokumente ausgewertet und digitale Technologie eingesetzt. In ihrem ersten Bericht, der am 18. August 2025 vorgelegt wurde, schildern sie das planmäßige Vorgehen der syrischen Behörden: Kinder inhaftierter Eltern wurden demnach nach einem genauen Ablaufplan unter anderem an SOS-Kinderdorf Syrien übermittelt.

Das Untersuchungsteam konnte 140 Kinder identifizieren, die seit Beginn des Bürgerkrieges in Syrien auf Anweisung der syrischen Sicherheitsbehörde für einen gewissen Zeitraum in Einrichtungen der SOS-Kinderdörfer in Syrien betreut wurden. Die meisten von ihnen waren nur für wenige Monate in einem SOS-Kinderdorf oder in einer der Kurzzeit-Unterkünfte von SOS-Kinderdorf Syrien. Die Untersuchungen dauern an.

Die Unterbringung war zu keinem Zeitpunkt mit unseren Prinzipien und Statuten vereinbar. Derzeit befindet sich nach unserem aktuellen Kenntnisstand keines dieser Kinder mehr in der Obhut von SOS-Kinderdorf Syrien, und die damaligen Verantwortlichen sind heute nicht mehr bei SOS-Kinderdorf Syrien tätig.

Wir verurteilen diese Praxis auf das Schärfste und bedauern zutiefst, als deutscher Förderverein zeitweise durch unsere finanzielle Unterstützung von SOS-Kinderdorf Syrien Teil dieses Systems gewesen zu sein. Den Kindern und ihren Familien ist furchtbares Unrecht geschehen, das durch nichts wieder gut zu machen ist. Die Ermittler kommen auch zu dem Schluss, dass einzelne Personen der SOS-Kinderdörfer weltweit bereits in 2018 über Teile dieser Praxis Bescheid wussten. Die internen Abläufe innerhalb der Organisation sind ebenfalls Bestandteil der Untersuchungen, mit dem Ziel vollständiger Aufklärung. Der Bericht dazu wird Ende September erwartet.

Auch von Seiten des syrischen Staats laufen Untersuchungen, um die Geschehnisse in Bezug auf die Aufnahme der Kinder aufzuarbeiten. In diesem Zusammenhang wird auch das Verhalten des Managements von SOS-Kinderdorf Syrien überprüft. Bis zum Abschluss der Untersuchungen hat der Verein SOS-Kinderdorf Syrien entsprechend den internen Richtlinien der Föderation die Leitung vom Dienst freigestellt.

In Anbetracht aller Umstände und nach intensiver Prüfung haben die SOS-Kinderdörfer weltweit im Juni 2025 den schweren Entschluss gefasst, die Unterstützung des Ländervereins SOS-Kinderdorf Syrien innerhalb der nächsten drei Jahre zu beenden. Hintergrund für unsere Entscheidung ist die Sorge, dass in der aktuellen Situation das Wohlergehen der Kinder in den Programmen von SOS-Kinderdorf Syrien nicht länger zuverlässig gewährleistet werden kann. Der Ausstieg soll mit allergrößter Achtsamkeit, nach einem verantwortungsvollen Zeitplan und unter Wahrung aller Rechte und Bedürfnisse der Kinder in den syrischen Programmen vollzogen werden. Ihre Sicherheit und ihr Wohlergehen haben oberste Priorität. Derzeit laufen die Vorbereitungen dafür, dass ein anderer SOS-Kinderdorf-Verein aus der Region die Übergangsphase begleiten und in enger Absprache mit uns und allen Beteiligten dafür sorgen wird, dass die Kinder und Jugendlichen weiterhin die bestmögliche Unterstützung erhalten.

Bezüglich der vermissten Kinder ist es unser oberstes Ziel, weiter für Klarheit zu sorgen und die Kinder ausfindig zu machen. Dies gestaltet sich als äußerst schwierig, unter anderem, weil die Identitäten der Kinder von den Behörden des Assad-Regimes zum Teil verschleiert wurden. Gemeinsam mit unseren Anwälten lassen wir dennoch nichts unversucht, ihre Identität aufzuklären, die Kinder zu finden und Familien wieder zu vereinen. Zu diesem Zweck haben wir unter anderem einen Hinweisgeber-Kanal ins Leben gerufen, über den sich Menschen – auch anonym - melden und zur Aufklärung beitragen können.

Unser Mitgefühl gehört allen Menschen in Syrien, die Angehörige verloren haben. Ihnen ist großes Unrecht widerfahren und wir werden alles uns Mögliche tun, um sie bei ihrer Suche nach Gewissheit zu unterstützen.

Mehr Informationen finden Sie im Bericht.