Im Gespräch mit unserer Kinderschutzbeauftragten

Was bedeutet Kinderschutz eigentlich? Und was kann jeder einzelne von uns tun, um Kinder zu schützen? Wir sprachen mit Dr. Simone Toepfer, Kinderschutzbeauftragte der SOS-Kinderdörfer weltweit. Sie gab uns einen Einblick in ihren Job und Antworten auf unsere Fragen.

Simone Toepfer setzt sich als Kinderschutzbeauftragte bei den SOS-Kinderdörfern für den Schutz von Kindern und Jugendlichen ein. Foto: privat

Was ist Ihre Jobbezeichnung?

Seit 1. Februar 2023 bin ich Kinderschutzbeauftragte bei den SOS-Kinderdörfern weltweit.

Was kann man sich darunter vorstellen?

Meine Aufgaben als Kinderschutzbeauftragte sind sehr vielschichtig. Hierzu gehört die Schulung unserer eigenen Mitarbeitenden zum Thema Kinderschutz und Kinderrechte, die Durchführung von Risikoanalysen, das Fallmanagement sowie die regelmäßige Überprüfung und Weiterentwicklung unseres Kinderschutzkonzepts. Die Implementierung von Maßnahmen, um Kinder und Jugendliche noch besser zu schützen, die Erarbeitung von Präventionsprojekten sowie die Beratung und Unterstützung der Mitarbeitenden in der Umsetzung kinderschutzrelevanter Maßnahmen und Strukturen sind ebenso Teil meines Jobs.

Was macht Kinderschutz eigentlich aus?

Der Kinderschutz umfasst alle Regelungen und Vorschriften, die das Wohl des Kindes gewährleisten. Im Wesentlichen geht es uns also darum, Kinder und Jugendliche aktiv vor Gefahren zu schützen und ihre Rechte zu wahren.

Was bedeutet es, wenn wir von einem Verstoß gegen den Kinderschutz sprechen?

Gewalt ist oftmals sehr viel mehr, als wir denken. Gewalt gegen Kinder und Jugendliche tritt in unterschiedlichen Formen und Situationen auf, insbesondere in Konstellationen von Machtungleichgewicht und Abhängigkeiten.

Oftmals sind Betroffene auch mehrfachen Formen von Gewalt ausgesetzt. Gewalt kann durch Erwachsene erfolgen, aber auch durch Kinder bzw. Jugendliche untereinander. Gewalterfahrungen können an realen Orten, aber auch im Internet bzw. in sozialen Medien gemacht werden. Einer Verletzung der Privatsphäre oder der Persönlichkeitsrechte messen wir den gleichen Stellenwert bei.

Wenn es zu einem Verstoß gegen den Kinderschutz kommt, dann wird Kindern Gewalt angetan und/oder ihre Rechte werden missachtet. Wir verwenden allerdings einen breiten Gewaltbegriff, der alle Formen von Gewalt umfasst, die die Rechte von Kindern und Jugendlichen auf körperliche und psychische Integrität verletzen. Dazu zählen körperliche Gewalt, sexualisierte Gewalt/sexueller Missbrauch, psychische und emotionale Gewalt sowie Verwahrlosung und Vernachlässigung. Aber auch traditionsbedingte Formen von Gewalt (z. B. das Rechtfertigen von Gewalt als Kultur- und Brauchtumspflege), Kinderhandel, strukturelle Gewalt durch Systeme mit ungleichen Machtverhältnissen und Chancen aufgrund bestimmter Diversitätsmerkmale (Alter, Geschlecht, Herkunft u. a.) zählen wir dazu.

"Kinderschutz geht uns alle an! Dabei ist es völlig egal, in welcher Abteilung, an welchem Standort oder in welchem Tätigkeitsfeld gearbeitet wird. Das Wichtigste ist: Das Wohl der Kinder steht für uns immer an erster Stelle."

Dr. Simone Toepfer, Kinderschutzbeauftragte bei SOS-Kinderdörfer Weltweit

Was bedeutet dies für die SOS-Kinderdörfer?

Wir, die SOS-Kinderdörfer, haben uns verpflichtet, für alle Kinder und Jugendlichen, die wir in unseren weltweit rund 3.000 Programmen unterstützen, ein fürsorgliches, schützendes und stärkendes Lebensumfeld im Sinne der Kinderrechte zu schaffen und zu erhalten. Kinderrechte sind nicht verhandelbar und das Wohl der Kinder und Jugendlichen steht für uns an erster Stelle. Alles andere ordnen wir diesem Primat unter.

Was können Kinder, denen Unrecht widerfahren ist, tun?

Betroffene sollten sich in erster Linie an Vertrauenspersonen wenden. Alle Mitarbeitenden in unserer weltweit tätigen Organisation sind entsprechend geschult, hören zu, nehmen die Kinder und Jugendlichen mit ihren Belangen ernst und initiieren weitere Maßnahmen, um Betroffenen zu helfen. Betroffene, aber auch Beobachtende von Kinderschutzfällen können sich jederzeit über unterschiedliche Meldekanäle an uns wenden. Wir nehmen alle Hinweise auf jede Form von Kindesmissbrauch (psychische, physische und sexuelle Gewalt oder der Versuch derselben) in unseren Programmen sehr ernst und untersuchen jeden einzelnen gemeldeten Fall sorgfältig. Jede Meldung behandeln wir vertraulich.

Es gibt folgende Möglichkeiten, einen Vorfall zu melden:

Was tun wir bei den SOS-Kinderdörfern weltweit, um Kinder zu schützen?

Unsere Kinderschutzrichtlinie bildet eine verbindliche Grundlage, die alle Mitarbeitenden weltweit darin bestärkt, Kinderschutz in den Fokus zu stellen. Sie formuliert Standards zum Schutz von Kindern und Jugendlichen sowie zur Verwirklichung ihrer Rechte (inklusive Beteiligungs- und Beschwerderechte). Ausgehend von der Kinderschutzrichtlinie haben die SOS-Kinderdörfer weitere Leitfäden und Richtlinien erlassen, die dem Schutz der Kinder und Jugendlichen dienen und laufend weiterentwickelt werden (z. B. Richtlinie für den Besuch von Kindern und Jugendlichen in unseren Programmen). Unsere Richtlinien zum Schutz von Kinder und Jugendlichen konzentrieren sich auf vier Hauptaktionsbereiche: Bewusstsein schaffen, Prävention fördern, ein Melde- und Dokumentationssystem sowie das Ergreifen von geeigneten Maßnahmen (sofortige Unterstützung von betroffenen Programmteilnehmenden in Form von medizinischer und/oder psychologischer Hilfe).

Was kann jede:r einzelne tun?

Kinderschutz geht uns alle an! Dabei ist es völlig egal, in welcher Abteilung, an welchem Standort oder in welchem Tätigkeitsfeld gearbeitet wird. Das Wichtigste ist: Das Wohl der Kinder steht für uns immer an erster Stelle. Jede:r einzelne kann sich informieren und sich mit den wichtigsten Dokumenten vertraut machen. Aber auch die angebotenen Schulungen besuchen, Verdachtsfälle umgehend melden und die eigene Arbeit täglich reflektieren.

Bei Fragen zum Thema Kinderschutz bei den SOS-Kinderdörfern erreichen Sie Simone Toepfer unter Simone.Toepfer@sos-kd.org.

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