"Wird eine unbeschnittene Frau schwanger, wird sie geächtet und verstoßen!"

Interview mit einem Lehrer in Kenia, der gegen FGM kämpft

Christopher Oloishuroh Murray lebt in Narok, einer Stadt im Westen Kenias, in der die Beschneidung der Frau praktiziert wird. Der 47-jährige Lehrer engagiert sich gegen weibliche Genitalverstümmelung (Female Genital Mutilation, FGM). Viele Männer in Kenia verlangen hingegen noch immer, dass ihre Ehefrau in spe beschnitten ist. Im Interview mit den SOS-Kinderdörfern weltweit erklärt Murray, warum das so ist und was noch geschehen muss, damit keine Frau mehr FGM erleiden muss.

In den ländlichen Gemeinden Kenias ist die grausame Tradition der weiblichen Genitalverstümmelung besonders verbreitet. Foto: Mariantonietta Peru

Wieso bestehen Männer darauf, dass ihre zukünftige Braut beschnitten ist?

Männer legen großen Wert darauf, dass die Frauen beschnitten sind. Das ist in erster Linie darauf begründet, dass ihre Gemeinde den Glauben aufrechterhält, dass dieses Ritual dringend erforderlich ist! FGM wurde früher von älteren Männern gefordert, um den Sexualdrang der Frauen zu reduzieren oder zu unterdrücken. Viele wollen das noch immer.

Was passiert, wenn eine Frau nicht beschnitten ist?

Viele glauben, das Blut einer unbeschnittenen Frau wäre unsauber. Wird eine unbeschnittene Frau schwanger, wird sie zum schwarzen Schaf der Familie und auch von der Gemeinde geächtet! Niemand würde sie unterstützen – noch nicht einmal bei der Geburt des Kindes. Da muss sie alleine durch. Außerdem wird sie keinen Mann finden, der sie danach noch heiraten würde.

Ist FGM ein Gesprächsthema unter Männern? Und wissen sie über die Folgen von FGM Bescheid?

FGM ist kaum ein Thema zwischen Männern. Die meisten von ihnen haben keine Ahnung, welche negativen Auswirkungen und schlimmen Gefahren FGM birgt. Aber ab und zu sprechen sie über Frauen, die beschnitten sind und solche, die es nicht sind und bewerten sie – vor allem, wenn sie aus einer anderen Gemeinde kommen und noch ledig sind.

Wollen nur Frauen oder auch Männer in Kenia FGM abschaffen?

Wenn man die Männer aufklärt und für das Thema FGM sensibilisiert, sind die meisten Männer für die Abschaffung von FGM. Immer mehr Männer beteiligen sich am Kampf gegen FGM, der lange Zeit nur von Frauen vorangetrieben wurde. Sie unterstützen nun Mädchen, die Nein zu FGM sagen.

Wie stehen die Männer zu FGM, wenn es um die Beschneidung ihrer eigenen Töchter geht?

Der moderne, aufgeklärte Kenianer möchte in der Regel nicht, dass seine Töchter beschnitten werden. Aber ungebildete Männer, die immer noch den Großteil vor allem von ländlichen Gemeinden ausmachen, sind für eine Beschneidung.

 

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