Auf der Flucht: So viele Menschen wie nie zuvor

Flucht, Vertreibung, Migration: Ursachen, aktuelle Zahlen und Fakten

Sie fliehen vor Kriegen und Konflikten: Mehr als 122 Millionen Menschen sind weltweit auf der Flucht, so viele Menschen wie nie zuvor. Vier von zehn Geflüchteten und Vertriebenen sind Kinder und Jugendliche. Immer mehr Menschen verlassen auch wegen den Folgen der Klimakrise ihr Zuhause.

Millionen Menschen auf der Flucht

Ende 2024 waren laut dem aktuellen Global Trends-Report vom Flüchtlingshilfswerk der Vereinten Nationen (UNHCR) 123,2 Millionen Menschen auf der Flucht. Das entspricht einem Anstieg von 6 Prozent im Vergleich zum Jahresende 2023. Während sich die Zahl der Vertriebenen weltweit in den letzten zehn Jahren fast verdoppelt hat, verlangsamte sich die Zuwachsrate in der zweiten Hälfte des Jahres 2024. Ende April 2025 ist die Zahl auf weltweit 122,1 Millionen Menschen gesunken.

Ob dieser leichte Abwärtstrend im Jahr 2025 weiter anhält, wird unter anderem davon beeinflusst, ob Frieden erreicht werden kann oder zumindest die Kämpfe enden – vor allem in der Demokratischen Republik Kongo, im Sudan und in der Ukraine. Zudem bleibt abzuwarten, wie stark die aktuell starken Mittelkürzungen im humanitären Sektor – etwa bei USAID – die Fähigkeit beeinträchtigen, weltweit Vertreibungskrisen zu bewältigen und Geflüchteten eine sichere Rückkehr zu ermöglichen.

Mädchen in einem Kinderschutzzentrum in der Ukraine: Die SOS-Kinderdörfer leisten Nothilfe für Kinder und Familien - Foto: Alea Horst
In einem Kinderschutzzentrum in der Ukraine: Die SOS-Kinderdörfer leisten vor Ort Nothilfe für geflüchtete Kinder und Familien. Etwa 3,7 Millionen Ukrainer:innen sind im eigenen Land auf der Flucht vor dem Krieg. Fast 6 Millionen Menschen haben im Ausland Zuflucht gesucht, ein Großteil davon sind Frauen und Kinder. Foto: Alea Horst

Die größten Vertreibungskrisen 

Der Bürgerkrieg im Sudan stellt aktuell die größte Vertreibungskrise der Welt dar. Insgesamt gab es dort Ende 2024 laut UNHCR 14,3 Millionen Vertriebene – fast jeder Dritte im Land ist betroffen. In Syrien waren Ende 2024 immer noch 13,5 Millionen Menschen innerhalb und außerhalb des Landes auf der Flucht. In Afghanistan waren es 10,3 Millionen und in der Ukraine 8,8 Millionen Menschen. 

Die Mehrheit ist auf der Flucht im eigenen Land

Die meisten Menschen, die auf der Suche nach Schutz und Sicherheit ihr Zuhause verlassen, überschreiten keine Landesgrenze: Sie sind als sogenannte "Binnenvertriebene" in ihrem Heimatland auf der Flucht. Sie machen rund 60 Prozent aller gewaltsam Vertriebenen aus. Das Internal Displacement Monitoring Centre (IDMC) erhebt Zahlen zur Binnenflucht: Nach dem neusten Bericht vom Mai 2025 lebten bis Ende des Jahres 2024 weltweit 83,4 Millionen Menschen als Binnenvertriebene, das ist ein neuer Höchstwert, das sind mehr als doppelt so viele Menschen wie noch vor sechs Jahren. Fast 90 Prozent der Binnenvertriebenen flohen wegen Konflikten und Gewalt. Allein 11,6 Millionen Binnenvertriebene leben derzeit im Sudan, das ist die höchste Zahl, die ein einzelnes Land jemals verzeichnet hat. Ende 2024 war außerdem fast die gesamte Bevölkerung Gazas weiterhin vertrieben. Auch in der Demokratischen Republik Kongo musste besonders viele Menschen fliehen.

Stark angestiegen ist die Anzahl der Menschen, die durch Katastrophen vertrieben wurden - 9,8 Millionen gab es Ende 2024, das sind fast 30 Prozent mehr als ein Jahr zuvor. Zyklone, wie die Hurrikane Helene und Milton in den USA und der Taifun Yagi in mehreren ostasiatischen Ländern verursachten mehr als die Hälfte der Vertreibungen durch Katastrophen. In allen Erdteilen zwangen Überschwemmungen die Menschen zur Flucht im eigenen Land, zum Beispiel in Brasilien, im Tschad, in Afghanistan oder auf den Philippinen. Bei der Zahl der Vertreibungen wird auch mitgezählt, wenn Menschen mehrmals fliehen mussten. So gab es alleine im Jahr 2024 45,8 Millionen Binnenvertreibungen aufgrund von Stürmen, Überschwemmungen oder anderer Katastrophen. Dazu gehören aber auch Evakuierungen, die vorbeugend vorgenommen wurden und somit vielen Menschen das Leben retteten.

Vier von zehn Geflüchteten sind Kinder

Obwohl Kinder weniger als 30 Prozent der Weltbevölkerung ausmachen, sind rund 40 Prozent aller Menschen auf der Flucht unter 18 Jahre. So meldet die International Data Alliance for Children on the Move (IDAC) bis Ende 2022 mehr als 47 Millionen Kinder, die in ihrer Heimat oder einem anderen Land auf der Flucht sind. Darunter waren allein vier Millionen Kinder aus dem Sudan und fast zwei Millionen aus der Ukraine. Kinder sind auf der Flucht besonderen Gefahren ausgesetzt. Sie haben ein erhöhtes Risiko, sexuelle Ausbeutung, Missbrauch und Gewalt zu erleben, besonders dann, wenn sie unbegleitet, also von ihren Eltern getrennt sind.

 

Mutter mit Kind in Äthiopien (Chinakson) - Foto: Christine Stolz

Helfen, wo es am nötigsten ist

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Fluchtbewegungen und Fluchtrouten

Die meisten Flüchtlinge, stammten im Jahr 2024 aus Syrien (6 Millionen), Afghanistan (5,8 Millionen) und der Ukraine (5,2 Millionen), gefolgt von Süd-Sudan (2,3 Millionen) und Sudan (2,1 Millionen. Von den rund 43 Millionen Flüchtlingen weltweit floh die überwiegende Mehrheit (69 Prozent) in ein Nachbarland, zwei Drittel der Geflüchteten leben in Ländern mit mittlerem oder niedrigem Einkommen. Die drei größten Aufnahmeländer waren Iran (3,5 Millionen) und die Türkei (2,9Millionen) und Kolumbien (2,8 Millionen), gefolgt von Deutschland (2,7 Millionen) und Uganda (1,8 Millionen). 

Laut der Internationalen Organisation für Migration (IOM) starben zwischen 2014 und 2024 rund 52.000 Menschen auf internationalen Fluchtrouten, allein 2024 waren es mindestens 8938 Menschen, die Zahl steigt seit Jahren an. Die tatsächliche Zahl der Todesopfer und Vermisstenfälle ist vermutlich noch viel höher, da viele Fälle mangels offizieller Stellen gar nicht dokumentiert werden. Legale und sichere Fluchtrouten gibt es kaum. Zu den wichtigsten gehören:

  • Die Sahelzone: Sie besteht aus sieben Staaten zwischen Nordafrika und Subsahara-Afrika: Senegal, Mauretanien, Mali, Burkina Faso, Niger, Tschad und Sudan. Die Region ist geprägt von Konflikten, Gewalt, Vertreibung, Armut, Ernährungsunsicherheit und den Folgen des Klimawandels. Der 2023 wieder entfachte Konflikt im Sudan führte zu einer Massenflucht. Zusätzlich versuchen immer mehr Menschen aus den südlicheren Ländern Afrikas durch die Sahelzone nach Nordafrika zu gelangen. Millionen Menschen riskieren auf dem Weg durch die Wüste ihr Leben.
  • Das Mittelmeer: Nur ein kleiner Teil der Menschen, die in afrikanischen Ländern ihr Zuhause verlassen, wagt den besonders gefährlichen Weg über das Mittelmeer. Laut der UN-Organisation für Migration (IOM) starben im Jahr 2024 mindestens 2360 Menschen auf dem Weg über das Mittelmeer. Das bedeutet: Ein Mensch von 120, die sich auf diesen Weg machen, kommt dabei um.
  • Der Atlantik: Der extrem gefährliche Weg von Afrika über den Atlantik zu den Kanarischen Inseln hat in den vergangenen Jahren besonders wegen der zunehmenden Kontrollen im Mittelmeer an Bedeutung gewonnen. Im Jahr 2023 kamen auf den Kanaren über 40.000 Menschen an, ein Jahr zuvor waren es noch rund 15.000. Auch hier starben schon tausende Menschen auf dem Hunderte Kilometer langen Weg übers Meer.
  • Der Darien-Dschungel: Der Weg durch den Dschungel von Darien im Grenzgebiet von Panama und Kolumbien gilt als gefährlichste Route auf dem amerikanischen Kontinent. Derzeit kommen die meisten Schutzsuchenden aus Venezuela – mehr als 7 Millionen Venezolaner:innen haben bis Anfang 2023 ihre Heimat verlassen. Das ist neben der Migrationsbewegung aus der Ukraine eine der größten weltweit.
Mitarbeitende der SOS-Kinderdörfer in Somalia leisten medizinische Hilfe für vertriebene Kinder und Familien.
Bürgerkrieg, Dürren und Überschwemmungen: Innerhalb Somalias sind fast vier Millionen auf der Flucht. Mitarbeitende der SOS-Kinderdörfer in Somalia leisten  medizinische Hilfe für vertriebene Kinder und Familien.

Fluchtursachen: Klimawandel verschärft Krisen

Die Genfer Flüchtlingskonvention schreibt das Recht auf Schutz für Flüchtlinge fest. Sie definiert einen Flüchtling als Person, die wegen ihrer "Rasse", Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen ihrer politischen Überzeugung eine wohlbegründete Furcht vor Verfolgung hat und deswegen aus ihrem Heimatland geflüchtet ist. Auf Menschen, die wegen Naturkatstrophen und Folgen es Klimawandels ihre Heimat verlassen müssen, bezieht sich das nicht. Dennoch nimmt ihre Zahl zu.

Die Vereinten Nationen sprechen von "zunehmenden Wechselwirkungen zwischen Naturkatastrophen, Hungersnöten, Armut und gewalttätigen Konflikten". 2024 lösten Katastrophen mehr Fluchtbewegungen von Binnenvertriebenen aus als Konflikte und Gewalt. 70 Prozent der Binnenvertreibungen gingen 2024 auf Stürme Dauerregen, Dürren, Hitzewellen und Erdbeben zurück.

Doch auch die, die wegen Konflikten fliehen, flüchten sich oft in Länder, die auch stark von der Klimakrise bedroht sind – das verstärkt auch dort wieder politische Krisen. António Guterres, heute Generalsekretär der Vereinten Nationen, warnte schon 2009 davor, dass der Klimawandel Hauptfluchtgrund werden könnte, weil er den Kampf um Wasser, Nahrung und Weideland verstärkt. Die Weltbank prognostiziert sogar, dass der Klimawandel bis 2050 zu 216 Millionen zusätzlichen Flüchtlingen führen könnte.

Familie, die von Venezuela nach Kolumbien geflüchtet ist - Foto: SOS-Kinderdörfer Kolumbien
Vergessene Krise: Mehr als 7 Millionen Venezolaner:innen haben bis Anfang 2023 ihre Heimat verlassen.

9,8 Millionen konnten in ihre Heimat zurückkehren

Fast zwei Millionen Syrer:innen sind nach mehr als einem Jahrzehnt in ihre Heimat zurückgekehrt. Dennoch sind die Lebensbedingungen im zerstörten Syrien alles andere als stabil. Insgesamt kehrten 2024 9,8 Millionen gewaltsam vertriebene Menschen in ihre Heimat zurück. Darunter sind 1,6 Millionen Flüchtlinge, so viele wie schon seit mehr als zwei Jahrzehnten nicht mehr. Mehr als 80 Prozent, das sind über acht Millionen Menschen, waren aber Binnenflüchtlinge. Die Rückkehr bedeutet für viele weiterhin ein Leben, das von Konflikten, Gewalt und Unsicherheit geprägt ist. So kehrten viele Afghanen unter Zwang in ihre Heimat zurück. Und neben Rückkehrern gab es zum Beispiel in der Demokratischen Republik Kongo und im Südsudan gleichzeitig weitere Vertreibungen.

Migration weltweit: Zwei Drittel sind Arbeitsmigrant:innen

Laut dem letzten Weltmigrationsbericht der IOM waren 2020 rund 281 Millionen Menschen – 3,6 Prozent der Weltbevölkerung – Migrant:innen. Das heißt, sie lebten außerhalb ihres Heimatlandes, aus welchen Gründen auch immer, unabhängig vom rechtlichen Status oder der Dauer des Aufenthalts – darunter fallen also angeworbene Fachkräfte ebenso wie Flüchtlinge. Die Weltbank nennt in ihrem Bericht wiederum 186 Millionen Migrant:innen (2,3 Prozent der Weltbevölkerung). Hier sind nur die gezählt, die nicht die Staatsbürgerschaft des Landes haben, in dem sie leben.

Die meisten Menschen gehen ins Ausland, weil sie eine Arbeit suchen. Nach Angaben der Internationalen Arbeitsorganisation (ILO) machten sie 2019 mehr als zwei Drittel aller internationalen Migrant:innen aus. Im Jahr 2022 gehörten laut ILO fast 168 Millionen Migrant:innen weltweit zur Erwerbsbevölkerung, 93 Prozent von ihnen arbeitete auch. Die überwiegende Mehrheit ist im Dienstleistungssektor tätig. Die ILO betont, dass Migrant:innen unverzichtbar sind , um dem weltweiten Arbeitskräftemangel zu begegnen. 

Folgen der Migration

Gründe für Migration sind insbesondere Armut und Perspektivlosigkeit. Migrant:innen riskieren daher häufig auf ihrer gefährlichen Reise ihr Leben und sind der Gefahr von Ausbeutung und Missbrauch ausgesetzt. Von der sogenannten "irregulären" Migration profitieren Schlepper und Schleuser. In den Zielländern haben Migrant:innen oftmals Schwierigkeiten, Zugang zu Gesundheitsversorgung, Wohnraum und Bildung zu erhalten oder müssen für einen Hungerlohn arbeiten. Vor allem die Situation von Migrant:innen ohne Aufenthaltsstatus ist prekär.

Was sind Binnenflüchtlinge oder Binnenvertriebene?
Menschen, die innerhalb ihres Heimatlandes auf der Flucht sind, werden Binnenvertriebene oder auch Binnenflüchtlinge (englisch: "Internally displaced people" - IDPs) genannt. Erhoben werden auch Zahlen zu "Internal displacements", das ist die Zahl der Fluchtbewegungen. Dabei können Menschen auch mehrmals gezählt werden, weil sie mehrmals flüchten und zwischendurch wieder zurückgelehrt sind. Binnenflüchtlinge können sich nicht auf die Genfer Flüchtlingskonvention berufen.

 

Wer gilt als Flüchtling?
Das Völkerrecht definiert Flüchtlinge (englisch: "Refugees") als Menschen, die ihr Land verlassen haben, weil sie vor Verfolgung, Kriegen und gewaltsamen Konflikten geflüchtet sind. Fluchtgründe wie Naturkatastrophen sind dort nicht berücksichtigt, oftmals gehen diese aber auch mit Konflikten einher.

 

Was ist Migration?
Es gibt keine einheitliche Definition des Begriffes “Migration”. In den Statistiken der Weltbank oder der IOM, wird Migration als Oberbegriff verwendet. Migrant:innen sind demnach alle Menschen, die ihr Land verlassen haben, freiwillig oder unfreiwillig. Flüchtlinge und Asylsuchende sind demnach Teil der Migrant:innen. In den Statistiken der UN-Flüchtlingshilfswerks UNHCR wird dagegen ein Unterschied gemacht: Demnach sind Flüchtlinge Menschen, die nicht ohne Gefahr für Leib und Leben in ihr Heimatland zurückkehren könnten, Migrant:innen dagegen könnten dies schon.

 

Mitarbeiter der SOS-Kinderdörfer mit Kindern im Flüchtlingscamp der Rohingya in Bangladesch - Foto: Alea Horst- Foto: Katerina Ilievska

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