Psychosoziale Beratung für Kinder und Jugendliche via Smartphone

Die SOS-Kinderdörfer kooperieren mit "krisenchat"

Vernachlässigung, körperliche Gewalt, psychische oder sexuelle Misshandlung: Erschreckend viele Kinder und Jugendliche in Deutschland sind von Kindeswohlgefährdung betroffen. Im Jahr 2022 lag die Zahl bei über 62.000 – bei einer hohen Dunkelziffer. Um den Betroffenen schnell und effektiv helfen zu können, haben die SOS-Kinderdörfer jetzt eine Partnerschaft mit „krisenchat“ abgeschlossen: einem psychosozialen Beratungsdienst, der junge Menschen unkompliziert per Chat über das Smartphone unterstützt.

Barbara Gruner, Vorständin der SOS-Kinderdörfer, sagt: „Diese dramatisch hohen Zahlen von Kindern in Bedrohungssituationen und in psychischer Not sind für uns nicht hinnehmbar! Wir lassen nicht zu, dass die Hilferufe so vieler Kinder in Deutschland unbeantwortet bleiben. Deshalb bin ich sehr froh, dass die SOS-Kinderdörfer und krisenchat ihre Kräfte bündeln und gemeinsam Hilfe anbieten.“

Bei „krisenchat“ haben Kinder und Jugendliche in schwierigen Situationen rund um die Uhr die Möglichkeit, über ihr Handy mit Psycholog:innen und Sozialarbeiter:innen in Kontakt zu treten. Mit diesem unkomplizierten Angebot werden auch zahlreiche junge Menschen erreicht, die bis dahin noch nie Unterstützung gesucht haben. Nach dem ersten Chat führen die Berater:innen die Hilfesuchenden in der Regel an weitergehende Hilfsmöglichkeiten in ihrem Umfeld heran.

Bereits seit 2022 arbeiten die SOS-Kinderdörfer und „krisenchat“ zusammen: Kurz nach Kriegsbeginn in der Ukraine wurde per Chat jungen Ukrainern und Ukrainerinnen geholfen, die nach Deutschland geflohen waren.

Jetzt wollen wir insbesondere die Unterstützung für Kinder und Jugendliche, die von Kindeswohlgefährdung in Deutschland betroffen sind, fördern und gemeinsam mit „krisenchat“ weiter ausbauen. „Seit unserer Gründung vor 75 Jahren ist der Schutz von Kindern unsere zentrale Aufgabe. Aus langjähriger Erfahrung wissen wir auch, wie wichtig es ist, so früh wie möglich für Kinder da zu sein und zu handeln. Oft öffnet sich hier ein Fenster, um eine weitere Eskalation und noch größeres Leid zu verhindern“, sagt Barbara Gruner.

Niedrigschwellige Hilfe und Prävention kommen nicht nur den Kindern zugute, sondern auch ihren Familien. Frühzeitige Unterstützung kann Familien vor dem Zerbrechen bewahren und oftmals schlimmeres verhindern.

„Mit seinem niedrigschwelligen Angebot rund um die Uhr schließt krisenchat eine Lücke. Damit leistet der Beratungsdienst einen ganz wichtigen Beitrag für mehr Sicherheit und schnelle Hilfe für Kinder, die sich in akuter Gefahr befinden. Als SOS-Kinderdörfer unterstützen wir das Projekt mit großer Überzeugung!“

FAQ zu unserer Partnerschaft mit krisenchat

krisenchat ist ein psychosozialer Beratungsdienst, der junge Menschen bis 25 Jahren unkompliziert per Chat über das Smartphone unterstützt.

Bei krisenchat haben Kinder und Jugendliche rund um die Uhr die Möglichkeit, über eine Chat-Funktion mit geschulten Berater:innen in Kontakt zu treten. Über den Chat können die Kinder und Jugendlichen ihre Probleme schildern und Unterstützung und Hilfe bekommen.

Mit diesem unkomplizierten Angebot werden auch zahlreiche junge Menschen erreicht, die bis dahin noch nie Unterstützung in Anspruch genommen haben. Für viele ist es das erste Mal, dass sie sich mit einem Problem an Erwachsene wenden. Kinder und Jugendliche sind in der Welt des Netzes zuhause – genau hier ist krisenchat ganz einfach zu finden. Klassische Telefonberatungen oder Anlaufstellen in der Schule, in der Nachbarschaft oder über die Jugendämter bieten für diese Zielgruppe eine viel höhere Anlaufhürde. 

Ein Team aus Psycholog:innen und Sozialarbeiter: innen überprüft die Chats und entwickelt, wenn nötig, Kriseninterventionspläne. Z.B. bei akuter Gefährdung oder andauernder Gefahr. In diesen Fällen werden die Hilfesuchenden an weitergehende Hilfsmöglichkeiten in ihrem Umfeld herangeführt.

Die Beratungen finden über WhatsApp oder SMS statt und können ohne Anmeldung oder Weitergabe persönlicher Informationen genutzt werden. krisenchat ist ein digitales Beratungsangebot.

krisenchat ist ein bundesweites, ehrenamtliches und kostenloses psychosoziales Hilfsangebot für junge Menschen in Not. Die Chatberatung wird von ehrenamtlichen professionell ausgebildeten Krisenberater: innen durchgeführt.

Alle Krisenberater:innen sind speziell geschult. Viele sind Psychotherapeut:innen für Kinder- und Jugendliche oder auch (junge) Erwachsene, Psycholog:innen, Sozialpädagog:innen und Sozialarbeiter:innen. Alle Krisenberater:innen haben ein fundiertes Wissen über achtsamkeitsbasiertes Zuhören, Problemlösung und Krisenmanagement.

Nur krisenchat bietet rund um die Uhr per Chat ein Hilfsangebot für Kinder und Jugendliche in akuten Krisen. krisenchat nutzt das Kommunikationstool, das bei jungen Menschen am häufigsten verwendet wird: den Chat. Bei anderen Notfalldiensten ist Chatten zeitlich nur sehr eingeschränkt möglich oder die Kontakte erfolgen über E-Mails, Telefon oder Gesprächstermine. Gerade in den späten Abendstunden oder in der Nacht bietet nur krisenchat Hilfesuchenden die Möglichkeit, zu chatten.

Aktuell fallen aus Kapazitätsgründen bei krisenchat immer wieder Wartezeiten an, was für Kinder in Not kritisch sein kann. Der Bedarf an Unterstützung ist riesig und es gibt in Deutschland wenig Angebote. Aufgrund mangelnder Kapazitäten müssen bei krisenchat 40% der Anfragen zunächst vertröstet werden. Gemeinsam wollen wir Fachpersonal aufbauen und somit mögliche Wartezeiten verkürzen. Denn es ist wichtig, dass Ratsuchende Jugendliche so schnell als möglich Hilfe erhalten.

Unsere Förderung konzentriert sich auf den besonders wichtigen Bereich des Einsatzes bei Kindeswohlgefährdung (KWG). Hier werden die Chats ausgewertet und bearbeitet, die Anlass zur Sorge geben. Sobald ein:e Moderator:in den Verdacht auf KWG, d.h. körperliche, psychische oder sexualisierte Gewalt gegen Kinder und Jugendliche hat, wird der Chatverlauf von einem Expert:innen-Team begutachtet und das weitere Vorgehen erarbeitet. Im Fall einer akuten Gefährdung können die Berater:innen die Polizei einschalten und den Standort des Kindes durchgeben. In den anderen Fällen empfehlen die Berater:innen dem betroffenen Kind/Jugendlichen wohnortnahe und gut erreichbare Beratungsstellen und bereiten auf die dort anstehenden Gespräche vor. So können örtliche Jugendämter die Kinder offline betreuen und eine Lösung entwickeln.    

  

Vernachlässigung, körperliche Gewalt, psychische oder sexuelle Misshandlung: Erschreckend viele Kinder und Jugendliche in Deutschland sind von Kindeswohlgefährdung betroffen. Im Jahr 2022 lag die Zahl bei über 62.000 – bei einer hohen Dunkelziffer und steigenden Zahlen. Diese dramatisch hohen Zahlen sind für uns nicht hinnehmbar! Kindern Schutz zu geben, ist seit unserer Gründung vor 75 Jahren unsere Kernaufgabe. Uns ist es wichtig, den Kindern schnell und effektiv zu helfen.
Niedrigschwellige Hilfe und Prävention kommen nicht nur den Kindern zugute, sondern auch ihren Familien und der Gesellschaft. Frühzeitiges Eingreifen kann dazu führen, dass Familien vor dem Zusammenbrechen bewahrt werden können, oder dass den Betroffenen leichter geholfen werden kann und zum Beispiel ambulante Angebote ausreichen und auf stationäre Behandlungen verzichtet werden kann. Frühzeitige Unterstützung ist oft wirksam und verhindert schlimmeres.
Seit 2022 arbeiten die SOS-Kinderdörfer und krisenchat zusammen: Kurz nach Kriegsbeginn in der Ukraine wurde per Chat jungen Ukrainern und Ukrainerinnen geholfen, die nach Deutschland geflohen waren. Das Angebot wurde damals sehr gut angenommen und die professionelle Zusammenarbeit war mitausschlaggebend, diese Partnerschaft weiter auszubauen.

Mit diesem niedrigschwelligen Angebot werden auch zahlreiche junge Menschen erreicht, die bis dahin noch nie Unterstützung in Anspruch genommen haben. Junge Menschen sind in der anonymen Welt des Netzes zuhause – genau hier ist krisenchat ganz einfach zu finden. Vielen Kindern und Jugendlichen fällt es leichter, ihre Probleme anonym zu schildern, als Bekannte anzusprechen. So überwinden sie ihr Schamgefühl und ihre Angst einfacher. Schulberatungen, Behördengänge oder Terminvergabe und kompliziertes Ausfüllen von Onlinebögen schrecken viele junge Menschen eher von Unterstützungsangeboten ab. krisenchat baut hier eine Brücke: Ratsuchende werden informiert, erhalten Hilfsangebote und Adressen und werden auf Wunsch entlang des gesamten Prozesses begleitet und beraten.

Was braucht ein Kind und Jugendlicher für eine gesunde Entwicklung? Gesetzlich verankert, wird vom körperlichen, geistigen und seelischen Wohl gesprochen, so dass alle Bereiche der menschlichen Entwicklung und Sozialisation als gleichwertig anzusehen sind.

Formen von Kindeswohlgefährdung

Vernachlässigung: Die mangelnde Erfüllung der grundlegenden körperlichen, emotionalen, medizinischen oder bildungsbezogenen Bedürfnisse des Kindes durch die Bezugsperson und/oder die mangelnde Gewährleistung der kindlichen Sicherheit durch unzureichende Beaufsichtigung oder die fehlende Herausnahme aus einer gewalttätigen Umgebung.

Psychische Gewalt: Absichtsvolles Elternverhalten, welches dem Kind kontinuierlich vermittelt, wertlos, fehlerbehaftet, ungeliebt, ungewollt oder unnütz zu sein und damit dem Kind potenziell psychologischen oder emotionalen Schaden zufügt.

Physische Gewalt: Die gezielte Anwendung von körperlicher Gewalt gegen das Kind, welche zu körperlichen Verletzungen führt oder das Potenzial dazu hat.

Sexualisierte Gewalt/sexueller Missbrauch: Jede durchgeführte oder versuchte sexuelle Handlung mit oder ohne direktem Kontakt an / mit einem Kind. In Fachkreisen wird auf den Begriff sexueller Missbrauch zunehmend verzichtet und stattdessen von sexualisierter Gewalt gesprochen.

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