Quality4Children - das sind 332 Geschichten aus 26 Ländern: Erfahrungsberichte vor allem von betroffenen Kindern und Jugendlichen, sowie von leiblichen Eltern, SOS-Müttern, Betreuern, Pflegeeltern, Sozialarbeitern und Vertretern der Jugendwohlfahrt. Hier finden Sie Auszüge aus den Interviews:
Andris (19), SOS-Jugendlicher in Litauen
"Es war ein gewaltiger Unterschied, vom Kinderheim ins SOS-Kinderdorf zu kommen. Es war wie von einem Stall in ein Haus umzuziehen. Die Heime mögen inzwischen ja moderner geworden sein, aber damals war es schlimm. Wir kämpften um die wenigen Spielsachen wie Tiere. Im SOS-Kinderdorf hatte ich einen Menschen, der für mich da war und auf den ich mich verlassen konnte: meine SOS-Mutter. So etwas hatte ich im Kinderheim nicht. Dort konnte man sich auf niemand verlassen – nur auf sich."
Andris' Mutter brachte ihn als Baby ins Kinderheim. Als es sechs Jahre alt war, fand er im SOS-Kinderdorf in Litauen ein neues Zuhause. Derzeit lebt der 19-Jährige in einer SOS-Jugendeinrichtung.
Zeynep (14), SOS-Kind in Nordzypern
"Ich hasse es, wenn jemand sagt, dass wir SOS-Kinder Waisen sind. Ich habe eine Familie. Und ich habe meinen Vater, den ich regelmäßig besuche."
Zeyneps Mutter starb bei der Geburt ihres dritten Kindes. Ihr Vater war nicht in der Lage, sich allein um die Kinder zu kümmern.
Ieva, SOS-Familienhelferin in Lettland
"Dace war ein achtjähriges Mädchen mit langen Haaren. Sie wusste nicht, wie sie ihre Haare zu einem Zopf flechten sollte. Eines Morgens stand sie vor dem Spiegel und ich sagte zu ihr, sie solle versuchen, ihr Haar selbst zu flechten. Sie rief: 'Ich weiß nicht, wie das geht!' Sie wollte es nicht einmal versuchen. Wir stritten, Tränen liefen über ihre Wangen und sie sagte wieder und wieder, dass sie es nicht könne. Ich bestand darauf, dass sie es zumindest versuchen sollte. Schließlich begannen ihre kleinen Finger langsam und ein wenig unbeholfen ihr Haar zu bearbeiten. Das Ergebnis war recht gut! Von da an flocht sie ihr Haar immer selbst. Dace ist jetzt 14 Jahre alt und ich freue mich immer, wenn sie mich darauf anspricht: 'Weißt du noch, wie du mir gezeigt hast, wie man einen Zopf flechtet?' Es gibt viele solche kleinen Dinge in unserem täglichen Dorfleben und ich freue mich, wenn die Kinder sich daran erinnern."
Lilia, SOS-Mutter in Litauen
"Als SOS-Kinderdorf-Mutter muss man sich oft entscheiden, ob man Mutter ist oder Mitarbeiterin. Ich habe mich dafür entschieden Mutter zu sein. Und ich habe meisten das Gefühl, dass das die richtige Entscheidung ist. SOS-Mutter zu sein ist mein Leben. Das sind meine Kinder. Sie haben auch ein sehr enges Verhältnis zu meiner leiblichen Tochter, die jetzt 30 Jahre alt ist."
Lilia arbeitet seit zehn Jahren als SOS-Kinderdorf-Mutter in Litauen.
Yasemin (17), SOS-Jugendliche in Nordzypern
"Anfangs wollte ich zu meiner SOS-Mutter nicht ´Mama´ sagen, aber heute tue ich das. Eine Familie bedeutet für mich nicht, dass man verwandt sein muss. Es heißt für mich vor allem auch, dass man für andere Verantwortung übernimmt. Ich habe jetzt zwei Familien."
Yasemin lebt mit ihren vier jüngeren Geschwistern seit fünf Jahren im SOS-Kinderdorf. Sie kamen nach der Trennung ihrer Eltern ins SOS-Kinderdorf, ihre Mutter ist neu verheiratet.
Matas (19), SOS-Jugendlicher in Litauen
"Die ersten acht Jahre meines Lebens sind für mich leer, schmerzhaft, nicht interessant. Es macht mich traurig, mich daran zu erinnern. Als ich bei meiner eigenen Familie gelebt habe, hatte ich nicht das Gefühl, dass wir eine Familie waren. Ich habe einfach vor mich hin gelebt. Hier im SOS-Kinderdorf habe ich das Gefühl… als ob wir eine Familie wären."
Matas' Vater starb, als er sechs Jahre alt war. Seine Mutter war alkoholabhängig. Mit acht Jahren kamen Matas und seine jüngeren Geschwister, zwei Brüder und zwei Schwester, ins SOS-Kinderdorf. Zu seiner leiblichen Mutter hat er keinen Kontakt. Er sagt, sie bedeute ihm nichts.
Ceylan (17), SOS-Jugendliche in Nordzypern
"Ich mag es, wenn unsere SOS-Mutter mit uns redet, wenn wir in der Schule nicht so gut sind. Sie interessiert sich für uns, sie enttäuscht uns nie. Sie versucht, Probleme zu lösen, ohne uns zu kränken."
Ceylan und ihre Geschwister leben seit fünf Jahren im SOS-Kinderdorf. Wegen der Alkoholsucht ihres Vaters zerbrach die Ehe ihrer Eltern. Als ihre Mutter in finanzielle Schwierigkeiten geriet, vertraute sie ihre Kinder dem SOS-Kinderdorf an.
Hinweis: Zum Schutz der Privatsphäre haben wir den Namen der Kinder und Jugendlichen geändert und verwenden Fotos von anderen SOS-Kindern.