19. April 2018 |  NEWS

"Jugendliche trifft die Arbeitslosigkeit härter!"

Psychologe Prof. Dr. Karsten Paul erklärt die psychischen Auswirkungen von Arbeitslosigkeit bei Jugendlichen

Herr Paul, was bedeutet es für ein Kind, wenn seine Eltern arbeitslos werden?

Am gravierendsten sind nach unserer Erkenntnis die Auswirkungen auf das Familiengefüge – das fällt noch mehr ins Gewicht als so offensichtliche Phänomene, dass ein Kind vielleicht nicht mehr an Schulausflügen teilnehmen kann. Fast alle Arbeitslosen leiden unter ihrer Situation und die Kinder leben nun mit Eltern zusammen, denen es schlecht geht. Wird der Vater arbeitslos, ist das außerdem oft mit einem Statusverlust verbunden  und die Dynamik zwischen den Elternteilen ändert sich, plötzlich ist vielleicht die Mutter die Hauptverdienern. Allein das kann zu großen Konflikten führen. Für Kinder ist das sehr verunsichernd.

Welche Rolle spielt Stigmatisierung?

Immer noch eine große! Oft verschweigen die Kinder in der Schule, dass ihre Eltern arbeitslos sind, weil sie Angst haben gehänselt zu werden.

Wie geht es jungen Erwachsenen, die arbeitslos werden?

Es trifft sie noch härter! Ein Grund dafür ist vermutlich, dass der Eintritt ins Berufsleben einen entscheidenden Schritt ins Erwachsenenleben darstellt – durch die Arbeitslosigkeit werden sie daran gehindert. Außerdem verbinden wir heute unsere Identität stark mit dem Beruf. Jemand, der bereits über viele Jahre gearbeitet hat, sieht sich auch in der Arbeitslosigkeit noch einige Zeit als Schreiner, Professor oder Journalist – er ist immer noch wer. Ein jugendlicher Berufsanfänger kann das nicht – und gerät dadurch oft in schlimme Krisen.