In Bolivien leben zahlreiche Kinder in Heimen, weil ihre Eltern zu arm sind, sie zu versorgen. Jetzt haben die SOS-Kinderdörfer ein Projekt gegründet, das Familien unterstützt, damit Heimkinder wieder zuhause leben können.
Dass Kinder unter schlimmen Umständen in Heimen leben, nicht, weil ihre Eltern gestorben sind, sondern, weil sie es finanziell nicht schaffen, die Kinder zu ernähren, wollen die SOS-Kinderdörfer nicht hinnehmen. Mit Unterstützung des "Bundesministeriums für Wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung" organisieren sie die Rückkehr von Heimkindern in ihre Familien.
Als Primitiva sieben Jahren alt war, brachte ihr Vater sie in ein Kinderheim, weil er verzweifelt hoffte, dass es ihr dort besser gehen würde. Die Eltern waren extrem arm, oft gingen Primitiva und ihre Geschwister hungrig ins Bett. In ihrer Not sahen die Eltern keinen anderen Ausweg.
Familien beim Kampf gegen Armut unterstützen
Aber im Heim war es schrecklich. Primitiva erinnert sich: "Es war eine geschlossene Einrichtung. Ich vermisste meine Eltern furchtbar und hasste mich selbst dafür, dass sie mich weggegeben hatten. Ich war sicher, dass es an mir lag. Im Heim gab es niemanden, der sich für uns interessierte. Ich versank in Trauer."
Man kann sich kaum vorstellen, wie groß die Not sein muss, damit Eltern ihre Kinder abgeben. Dass in Bolivien immer wieder Jungen und Mädchen wie Primitiva in Heime gebracht werden, wollen wir nicht hinnehmen.
Deshalb haben wir mit finanzieller Förderung durch das Bundesministerium für Wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) und in Zusammenarbeit mit dem Sozialmanagement-Service Tarija ein neues Projekt ins Leben gerufen: Wir sorgen dafür, dass Kinder aus Heimen wieder nach Hause zurückkehren können. Um den Familien dauerhaft zu helfen, bekämpfen wir gemeinsam mit ihnen die Ursachen: Wir unterstützen sie dabei, aus eigener Kraft ein stabiles Einkommen zu erwirtschaften und so die Armut zu überwinden. Auf dieser Basis können sie beständig für ihre Kinder sorgen.
Welche Unterstützung braucht die Familie?
In einer ersten Phase haben wir 139 Jungen und Mädchen ausfindig gemacht, auf die die Bedingungen zutreffen. Schon ihre Familien zu finden, ist oft nicht einfach. Unsere Suche erstreckt sich mittlerweile auf viele Bezirke, zahlreiche Behörden arbeiten mit uns zusammen. Anschließend haben wir die Chancen für eine Wiedereingliederung analysiert, Gespräche mit Kindern, Eltern und weiteren Beteiligten geführt und überprüft, welche Unterstützung die jeweilige Familie braucht.
Zehn Kinder konnten bereits zurück zu ihren Eltern ziehen; berührende Momente waren das. Die Familien werden weiter von uns betreut und unterstützt. Wir beraten die Eltern auch bei der Erziehung oder der Gesundheitsfürsorge und stellen sicher, dass es den Kindern wirklich gut geht. Jungen und Mädchen, die so aufwachsen, haben später gute Chancen, ihren Platz im Leben einzunehmen – und nicht darüber nachdenken zu müssen, ob sie ihre Kinder ernähren können.