"Unser Kampf besteht darin, bessere Menschen zu werden"

Ukrainische Familie findet neues Zuhause im SOS-Kinderdorf Hemeius, Rumänien

Im Februar 2022 flohen Leonid, Olha und ihre vier Kinder vor dem Krieg in der Ukraine. In einem SOS-Kinderdorf in Rumänien fanden sie ein Zuhause. Ihr größter Wunsch: Etwas von der überwältigenden Hilfe, die sie erfahren haben, zurückzugeben.

Wenige Tage nach der russischen Invasion in der Ukraine stieg die sechsköpfige Familie in ihre beiden Autos, um ein Leben in Sicherheit zu suchen. Bepackt mit den nötigsten Habseligkeiten und ihrer Katze verließen sie Odesa in Richtung Rumänien. 

In der Stadt Bacău fanden sie zunächst Unterschlupf bei einer Familie. Im Sommer erfuhren sie, dass das nahegelegene SOS-Kinderdorf ukrainische Familien aufnimmt und zogen dort ein. Im SOS-Kinderdorf in Hemeius können bis zu 54 Ukrainer:innen in sechs Familienhäusern unterkommen und werden durch Sprachkurse, Therapie und weitere individuelle Hilfen unterstützt.  

"Hier im SOS-Kinderdorf haben wir alles, was wir brauchen, Licht, Wärme, Wasser. Das ist für die Menschen in der Ukraine im Moment nicht selbstverständlich."

Leonid, 38, IT-Fachmann aus der Ukraine

Leben zwischen Schule und Bombenalarm 

Die Familie lebte sich schnell ein in der Gemeinde. Sie besuchen Sprachkurse der SOS-Kinderdörfer und nehmen mit viel Freude bei den lokalen Festen der SOS-Kinderdörfer teil. Ihr Haus verwandelt sich jeden Samstag in einen geselligen Treffpunkt für die Nachbarschaft.  

Leonid kann weiterhin seinem Job in einem ukrainischen IT-Unternehmen nachgehen, während Olha einen Teilzeitjob als Grafikerin gefunden hat. Die vier Kinder folgen online dem Unterricht in ihrer ukrainischen Schule. Immer wieder ertönt dabei über ihre Tablets Bombenalarm und sie wissen: Nun pausiert der Unterricht eine Weile, während ihre Schulfreund:innen und Lehrer:innen in der Ukraine einen Bombenschutzraum aufsuchen.  

Über gespendete Tablets folgen die Kinder weiterhin dem Unterricht in der Ukraine. Bittere Realität: An den dabei gelegentlich ertönenden Bombenalarm haben sie sich längst gewöhnt. Foto: Katerina Ilievska

Der Krieg in ihrer Heimat belastet die Patchworkfamilie sehr. Eine Psychologin der SOS-Kinderdörfer hilft ihnen dabei, ihre Gefühle zu verarbeiten. Die Familie hat einige nahestehende Personen in der Ukraine für immer verloren. Viele Verwandte sind zurückgeblieben und kämpfen für ihr Land. Leonid weiß daher um die große Verantwortung, die er nun trägt:

"Unser Kampf besteht darin, bessere Menschen zu werden und für eine gute Bildung und ein stabiles psychologisches Umfeld für unsere Kinder zu sorgen. Sie sollten ohne psychologische Probleme als zukünftige Ukrainer:innen zurückkehren können."

Leonid und Olha halten zusammen. Der Traum von einer besseren Zukunft für ihre Kinder und ihr Heimatland Ukraine schenkt ihnen Kraft. Foto: Katerina Ilievska

Olha und Leonid sind zerrissen zwischen dem Wunsch, in die Ukraine zurückzukehren und dem Wunsch, ihre Kinder in Sicherheit zu wissen. Ihre Kinder haben für sie jedoch oberste Priorität. Die Zeit in Rumänien möchten sie sinnvoll nutzen und etwas von der überwältigenden Hilfe zurückgeben, die sie erfahren haben. 

"Noch niemals habe ich so viele Menschen gesehen, die helfen möchten. Für uns war das wie ein großes Wunder. Dies ist eine Lektion für mich und meine Kinder: Ich werde niemals mehr an einer Person vorbeigehen, die um Hilfe bittet."

OLHA, 36, Anwältin aus der Ukraine

Auch für Leonid ist diese Zeit ein wichtiger Wendepunkt in seinem Leben. "Fliehen zu müssen war unglaublich schmerzhaft und in dem Moment alles andere als einfach. Aber jetzt, nach fast einem Jahr denken wir: 'Okay, wir sind hier, aber wir sollten auch etwas tun.' Wir sollten an uns arbeiten und etwas Neues lernen. Etwas für die Menschen tun. Wir sollten als bessere Menschen zurückkehren."  

Einsatz für Tiere und Menschen in Not 

Ihren Worten haben sie bereits viele Taten folgen lassen: Kurz nach ihrer Ankunft in Rumänien fing die Familie an, sich um eine verlassene Hündin zu kümmern, die bei minus sechs Grad und trächtig fast gestorben wäre.

Ein Herz und eine Seele: Yaroslava und ihre Katze, die sie und ihre Familie in Rumänien adoptiert haben. Foto: Katerina Ilievska

Olha fährt einmal pro Monat in die Ukraine, um Hilfsgüter abzuliefern. „Wir sammeln Geld und kaufen davon Elektrogeräte, Generatoren, Batterien und andere Dinge, die die Menschen dringend brauchen“, erzählt sie. Auf dem Rückweg nimmt Olha Ukrainer:innen mit, die fliehen möchten. Ergriffen erzählt sie uns:  "Was ich jetzt fühle? Den Wunsch, etwas zu tun, für die Ukraine, für Rumänien. Ich habe das große Bedürfnis, den Menschen zu danken, die uns helfen."

Hoffnung auf Frieden und Wiederaufbau 

Selbst Leonids und Olhas Kinder sind mit Herzblut bei den vielen Hilfsaktionen dabei. Ihre 16-jährige Tochter Yaroslava etwa hat sich einer Gruppe freiwilliger Jugendlicher angeschlossen, die Spendenaktionen und gemeinsame Unternehmungen organisiert.  

"Ich möchte mich in der Zukunft unbedingt weiter engagieren, vor allem nach dem Krieg in meinem Heimatland. Dort möchte ich Kindern helfen, ihre Probleme zu bewältigen, ihnen das Malen beibringen, ihnen vielleicht Mathe-Nachhilfe geben und unser Land aufbauen."

YAROSLAVA, 16

Wir hoffen für Leonids und Olhas Familie und die vielen anderen Menschen aus der Ukraine, dass sie schon bald wieder in ihre Heimat zurückkehren können. Bis es soweit ist, sind wir auch weiterhin dringend auf Ihre Unterstützung angewiesen. Danke, dass Sie helfen!  

 

Hilfe für Kinder aus der Ukraine

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