Palästina: Traumaklinik auf Rädern - 3

 


Der Psychologe Salman Towfig bezieht in seine Arbeit auch die Eltern mit ein, vor allem die Mütter. Er nimmt sich Zeit, hört ihnen zu.
In den Medien, dem Gesundheitsministerium und bei den internationalen Hilfsorganisationen wurden die immer häufiger auftretenden Traumasymptome der Palästinenser endlich thematisiert. "Früher ließen sich die Leute auf religiöse Weise behandeln", berichtet Psychologe Salman Towfig, "über einem Wasserbehälter beten und dreimal täglich daraus trinken, ist eine der sanfteren Formen." Heftiger gehe es bis heute bei sogenannten Geisteraustreibungen zu, bei denen die Kranken auch mal geschlagen würden. Das Stigma, dass nur Verrückte zum Psychiater gingen, aber lebe noch immer weiter. Für die meisten Familien sei es darum einfacher, ihre Kinder vorzuschicken.

 

Die Gründe für Traumatisierungen zu ändern, sei oft nicht möglich, räumt Towfig ein. Aber man könne den Kindern helfen, besser mit Schwierigkeiten umzugehen. "Die Kinder brauchen Sicherheit und Zuneigung, aber die Familien sind oft überfordert." Noch immer weit verbreitet sei die Haltung, dass der Arzt das Problem schon regeln werde. Vor allem in ländlichen Gegenden, sagt der Psychologe, "kommen die Mütter, bringen uns ihre Kinder und glauben, jetzt wird alles gut".

 


"Die Kinder brauchen Sicherheit und Zuneigung, aber die Familien sind oft überfordert", sagt Psychologe Salman Towfig.

Das Mädchen mit den kaputten Schuhen

Während die Kinder in der Gruppentherapie in Hebron mit Lego bauen oder malen, empfängt Towfig Patienten, die ein Rezept oder eine Überweisung brauchen. Ein junges Mädchen mit kaputten Turnschuhen, aus denen vorn die Zehen hervorgucken, kommt in Begleitung der Mutter und eines Bruders in den Untersuchungsraum und ergreift schüchtern die ausgestreckte Hand des Psychiaters. Ihre Eltern sind arbeitslos.

"Sie leidet an Epilepsie", erklärt Towfig anschließend. Als die Leber die Medikamente nicht mehr aushielt, stellten die Ärzte die Tablettengabe ein. Ein paar Jahre sei das gut gegangen, aber jetzt brauche sie neue Medikamente. "Wir übernehmen die Kosten für Diagnose und Arzneimittel", sagt Salman Towfig. "Wenn es uns nicht gäbe, müsste die Familie selbst dafür aufkommen." Und das können im Westjordanland die wenigsten.

Text: Susanne Knaul / epd

 

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