"Unsere Einrichtungen gelten als die sichersten in der Region"

Interview mit Sumanta Kar, nationaler Leiter der SOS-Kinderdörfer Indien über den Wiederaufbau nach dem Tsunami

Der verheerendste Tsunami der Geschichte traf am 26. Dezember 2004 neben vielen anderen Ländern auch Indien schwer. Bis zu zehn Meter hohe Flutwellen schlugen mit enormer Geschwindigkeit auf die südöstlich gelegene Koromandelküste. Es gab über 12.000 Todesopfer, tausende Kinder und Familien wurden obdachlos, viele von der Fischerei lebende Familien verloren ihre Existenzgrundlage.

Herr Kar, vor zwanzig Jahren starteten die SOS-Kinderdörfer noch am Tag der Katastrophe in Ländern wie Indien, Sri Lanka, Indonesien und Thailand die humanitäre Hilfe, die in Indien rund 23.000 Menschen erreichte. Wie haben Sie geholfen?  

Wir verteilten zum Beispiel Nothilfepakete mit Lebensmitteln und Hygieneartikeln, gaben Kleidung und Schulmaterialien aus und unterstützten Familien finanziell. 

Sumanta Kar, Nationaldirektor der SOS-Kinderdörfer Indien

Wie ging es weiter? 

In den darauffolgenden Jahren waren die SOS-Kinderdörfer Indien daran beteiligt, die vielerorts komplett zerstörte Infrastruktur wieder aufzubauen. Wir errichteten zum Beispiel 653 neue Wohnhäuser, Mehrzweckzentren und zwei neue SOS-Kinderdörfer in den betroffenen Regionen. Dabei war es uns wichtig, die Gebäude und Anlagen so katastrophen-resistent wie möglich zu machen.  

Wie haben Sie das gemacht?  

Wir bauten nicht in unmittelbarer Küstennähe und ließen vorab sehr genaue Bodenuntersuchungen machen, um die Tragfähigkeit der Gebäude zu gewährleisten. Wir versahen die Häuser mit Dächern aus Stahlbeton, die bei einer Überschwemmung einen sicheren, erhöhten Zufluchtsort bieten. Beim Einbau der Fenster und Türen wurden besonders robuste Materialien verwendet. Als natürliche Wind- und Wasser-Barrieren pflanzten wir rund um die Häuser Kängurubäume - eine widerstandsfähige Baumart, die besonders schnell und hochwächst. In den SOS-Kinderdörfern haben wir zusätzliche Vorsichtsmaßnahmen getroffen, etwa eine spezielle Sicherung der Dachziegel, damit sie bei Wirbelstürmen nicht wegwehen. Unsere Einrichtungen gelten als die sichersten in der Region! 

Wirbelstürme, Tsunamis, Erdbeben - gemäß dem aktuellen Weltrisikoindex hat Indien einen der höchsten Naturkatastrophen-Gefährdungsgrade. Sind die Menschen heute besser vorbereitet als vor 20 Jahren? 

Davon gehe ich aus. Die SOS-Kinderdörfer Indien engagieren sich stark dafür. Wir haben nach 2004 zusammen mit den Regierungsbehörden ein Frühwarnsystem etabliert, führen in den Gemeinden regelmäßig Evakuierungsübungen durch und proben Erste-Hilfe-Maßnahmen. Es ist auch unsere Aufgabe, die Gemeinden, die Familien und insbesondere die Kinder für Klima- und Umweltthemen zu sensibilisieren. Klimaschutz ist Kinderschutz! Ein Schritt in die richtige Richtung ist zum Beispiel die Verwendung von Energiealternativen, um die Abholzung und Luftverschmutzung zu reduzieren. Mit der Installation von Sonnenkollektoren und Kläranlagen verbessern wir die Selbstversorgung und Nachhaltigkeit der Gemeinden und verringern somit ihre wirtschaftliche Anfälligkeit im Katastrophenfall. Allein mit dem Bau sicherer Häuser ist es nicht getan, wir werden Maßnahmen zur Klima-Resilienz mehr und mehr in die Gemeinden und unsere Programme einbringen. Die Menschen müssen besser auf die Herausforderungen des Klimawandels vorbereitet sein.  

Hintergrund - Tsunami

  • Ausgelöst durch ein massives Erdbeben bei Nordsumatra/Indonesien bildete sich am 26. Dezember 2004 im Indischen Ozean der bislang tödlichste Tsunami weltweit
  • Über 230.000 Menschen starben
  • Die Flutwellen des Tsunamis, japanisch für "große Welle im Hafen", erreichten die Küsten von Ländern in Südostasien und Ostafrika.  
  • Die SOS-Kinderdörfer unterstützen in Indien seit 1963 Kinder und Familien und sind dort an 45 Standorten mit Einrichtungen vertreten.  

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