Ein Leben der Fürsorge und Verbundenheit
Zum Gedenken an Hedwig Müller
Ein Mensch, der über sieben Jahrzehnte hinweg ein fester Bestandteil des familiären Alltags ist, hinterlässt tiefe Spuren in den Herzen und den Erinnerungen von Freunden und Familie. So war es auch bei Hedwig Müller, deren Leben eng mit dem der Familie Zwintzscher verwoben war. Anfang Januar 2025 verstarb sie in hohem Alter. Mit einer großzügigen Spende an die SOS-Kinderdörfer ehrt die Familie nun ihr Andenken und das, was sie vielen Generationen mitgegeben hat: Stabilität, Güte und Herzenswärme.

Ein besonderes Band
"Frau Müller war unsere Reservemutter", erzählt Herr Dr. Zwintzscher im Gespräch. Die Verbindung reicht zurück bis ins Jahr 1949, als Hedwig Müller nach dem Zweiten Weltkrieg aus dem ehemaligen Ostpommern ins westfälische Soest kam. Ihre Kindheit war von Entbehrung, Flucht und Verlust geprägt: Ihr Vater war früh gestorben, die Mutter allein mit sieben Kindern auf einem Bauernhof. Nach der Vertreibung und Flucht musste sie ohne Berufsausbildung Fuß fassen. Doch gerade diese Erfahrungen prägten ihren Charakter, zurückhaltend, zupackend und mit einem starken Sinn für Verantwortung.
Drei Generationen Fürsorge
Als junge Frau, kaum 20 Jahre alt, kam sie zur Familie Zwintzscher nach Soest, zunächst als Hausangestellte, doch schnell wurde sie mehr: Eine große Schwester, eine zweite Mutter, und eine Ersatztochter. Sie zog nicht nur die Kinder der Familie mit groß, sondern auch später deren Kinder – bis zu den Enkeln reichte ihre Fürsorge. "Die Kinder sind immer zuerst zu 'Hedi', so ihr Rufname, gerannt", erinnert sich Herr Dr. Zwintzscher. Sie war da, wenn Hilfe gebraucht wurde. "Wenn mein Bruder in Not war, dann führte sein Weg zuerst zu ihr."
"Hedi wäre die ideale SOS-Kinderdorf-Mutter gewesen", lächelt Herr Dr. Zwintzscher. "Sie hatte eine tiefe Liebe zu Kindern, geduldig, beständig, voller Wärme. Es war eine Natürlichkeit in ihrer Fürsorge, die man nicht lernen kann." Aber auch darüber hinaus bleibt sie den nahen Verwandten durch ihre Selbstlosigkeit in Erinnerung. Für sie zählte nicht ihre Arbeitszeit, sondern das Wohlergehen der anderen. Was zu tun war wurde gemacht und darüber hinaus so lange, wie es nötig war. Die gute Seele des Hauses hatte eine weitere Leidenschaft neben der Liebe zu den Kindern. Im Garten der Familie fand sie Ausgleich zum Haushalt und den Kindern. "Da konnte sie auch mal anderer Meinung und 'kratzbürstig' sein, wenn etwas umgestaltet werden sollte", beschreibt es Herr Dr. Zwintzscher liebevoll.

Eine stille Heldin
Im Mittelpunkt ihres Lebens standen immer die anderen. "Ich erinnere mich, dass meine Frau und ich einmal zu einer Veranstaltung und im Anschluss essen gehen wollten. Da rümpfte Hedi die Nase und sagte 'essen könnt ihr auch hier, ich koche euch etwas Gutes'. Natürlich kamen wir zum Essen zurück, denn Hedi kochte gut und es schmeckte immer."
Nachdem der Vater von Herrn Dr. Zwintzscher verstorben war, unternahm Hedi noch viele Reisen mit seiner Mutter. Denn die freundschaftliche Verbindung hatte Beruf und Privates bereits längst verschmolzen. Bis zuletzt war sie in der Familie eingebunden, verbrachte noch ihr letztes Weihnachten im Kreise der Ersatzfamilie. Am 7. Januar 2025 verstarb sie wenige Wochen nach einem Sturz. Doch auch in ihrer letzten Stunde war sie nicht allein. Die Tochter von Herrn Dr. Zwintzscher, selbst Ärztin, hielt ihre Hand bis zum letzten Atemzug.
Zur Beerdigung kamen sogar Schulkamerad:innen der erwachsenen Kinder. Sie erinnern sich noch nach Jahrzenten an die duftenden Pfannkuchen, die es nach der Schule in der Küche bei Hedi zu essen gab. So etwas bleibt nicht nur in der Erinnerung, sondern vor allem im Herzen.
Spenden im Sinne gelebter Werte
Anlässlich der Beerdigung hatte Familie Zwintzscher um Spenden statt Blumen oder Kränzen gebeten. Das wäre auch im Sinne von Hedwig Müller gewesen. Dass sich die Familie für eine Unterstützung der SOS-Kinderdörfer entschied, ist kein Zufall. Schon die Mutter von Herrn Dr. Zwintzscher hatte regelmäßig an die Organisation gespendet. "Etwas für Kinder zu tun, das war in unserer Familie immer ein großes Anliegen", sagt er. Die Idee, im Gedenken an Hedwig Müller anderen zu helfen, wurde im Familien- und Freundeskreis mit großer Zustimmung aufgenommen.
"Machen!", antwortet Herr Dr. Zwintzscher auf die Frage, ob er anderen empfehlen würde, eine Spendenaktion im Andenken an eine geliebte Person zu starten. "Es gibt so viele sinnvolle Organisationen, die man unterstützen kann." Die Spende in Höhe von 1.940 Euro ist Ausdruck einer tiefen Verbindung und ein stilles Vermächtnis an eine Frau, die aus dem Hintergrund heraus ein ganzes Familienleben mitgestaltet hat.
Ein Erbe der Menschlichkeit
Was bleibt von einem Leben, das so leise und zugleich so bedeutend war? Für Herrn Dr. Zwintzscher ist die Antwort klar: Dankbarkeit. "Vieles wäre anders gelaufen, wenn sie nicht da gewesen wäre." Ihre Fürsorge hat Generationen geprägt, ihre Haltung der Bescheidenheit und Verlässlichkeit bleibt ein Vorbild.
Wir sagen Danke an Hedwig Müller und Familie Zwintzscher für Ihre Fürsorge für Andere.