In Somalia und Somaliland bilden wir junge Menschen in hydroponischer Pflanzenzucht aus, um ihnen ganzjährig Zugang zu frischen Nahrungsmitteln und langfristig eine sichere Einkommensquelle zu ermöglichen. Das innovative Pilotprojekt fördert Nachhaltigkeit und schafft neue Geschäftsmodelle für junge Menschen.
Dürre und Hungerkrise
In Somalia sind rund 7,7 Millionen Menschen auf humanitäre Hilfe angewiesen. Besonders die ländliche und von der Landwirtschaft abhängige Bevölkerung leidet Hunger aufgrund der anhaltenden Dürre. Hinzu kommt eine hohe Jugendarbeitslosigkeit im Land.
Um eine nachhaltige Lösung zu schaffen, haben die SOS-Kinderdörfer in Somalia – in enger Zusammenarbeit mit der Zamzam Foundation und dem Agrar Start-up Hydroponic Africa – im Jahr 2021 ein neues Pilotprojekt in Mogadischu gestartet. Dabei erhielten 20 junge Menschen aus den Einrichtungen der SOS-Kinderdörfer und Gemeinden in Mogadischu eine Schulung in hydroponischer Landwirtschaft. In Kursen erlernten sie die notwendigen Kenntnisse und Fähigkeiten dieser nachhaltigen, wassersparenden Landwirtschaftstechnologie – mit dem Ziel, ihr eigenes Sozialunternehmen zu gründen und ihre Lebensumstände selbständig zu verbessern.
Innovatives Pilotprojekt schafft Ernährungssicherheit
In Somalia haben viele junge Menschen die herkömmliche Landwirtschaft als Einkommensquelle vernachlässigt und sich nach anderen Beschäftigungsmöglichkeiten umgesehen. Durch das Pilotprojekt hat sich ihre Perspektive geändert: "Ich habe viel über die innovative Anbaumethode gelernt, die meine Sicht auf die Landwirtschaft nachhaltig verändert hat. Allerdings haben wir auch zu kämpfen. Das Klima ist eigentlich zu heiß und der Salzgehalt des Wassers ist ein Wachstumshemmer. Wir haben bislang immer Lösungen gefunden, aber es ist eine Herausforderung", sagt Hassan, Mitglied des Jugendprogramms der SOS-Kinderdörfer. "Trotzdem: Wenn wir es richtig anstellen, können wir mit dieser Methode das ganze Jahr über Gemüse anbauen und Gewinne erzielen."
"Die klimafreundliche Landwirtschaft hat das Potenzial langfristige Jobs für junge Leute zu schaffen und die Ernährungssicherheit der Familien zu sichern."
KATHARINA EBEL, Leiterin Programminnovation und KommunikatioN
Die Freude über die erste Ernte im Rahmen des Politprojektes war bei allen Teilnehmenden groß. An den Standorten Hilewa und Zamzam wurden zwei Hydrokultur-Farmen und zwei Saatzentren errichtet. Das 15 x 8 Meter große Gewächshaus auf dem ZamZam Agrar Campus produzierte 100 Kilogramm Salat und 20 Kilogramm Gurken. "Wir sind begeistert von den Ergebnissen unserer Hydrokultur-Landwirtschaftstechnologie, die sauberes, gesundes, und urban angebautes Gemüse produziert", sagte Yussuf, ein junger Farmer. "Wir konnten 1 Kilogramm Salat für einen Dollar verkaufen, was unsere Erwartungen weit übertroffen hat." "Es war faszinierend zu lernen, wie man Pflanzen auf diese Weise anbaut", fügt Amina, eine weitere Teilnehmerin, hinzu.
Wissenstransfer an die Gemeinden
Auch 44 Student:innen und Hochschulabsolvent:innen an der Zamzam University of Science and Technology profitierten von ihrer Teilnahme an den Schulungen. Neben der Funktionsweise von hydroponischen Systemen wurde ihnen Know-how zur Düngemittelverwendung, Schädlingsbekämpfung, zum Ernteprozess sowie zum Unternehmertum und der Vermarktung der Produkte vermittelt. Auch über 40 Landwirte aus der Umgebung nahmen an den Workshops teil, um die Methode zu testen.
"Auf dem lokalen Markt kommen die Produkte gut an und erzielen hohe Preise. Jetzt müssen wir an der Wirtschaftlichkeit arbeiten. Erst dann können unsere Hydrofarmer ihren Erfolg feiern", sagt Ahmed Hussein, Agrarwissenschaftler bei SOS-Kinderdörfer in Somalia.
Neues Projekt in Somaliland
Auch im Nachbarland Somaliland herrscht große Ernährungsunsicherheit – hier wurde daher im Juni 2023 ein weiteres Projekt gestartet, um an den großen Erfolg des Pilotprojekts anzuknüpfen. Dort testeten zunächst 15 junge Farmer:innen die Profitabilität von hydroponisch gezogenem Kamelfutter und den Anbau von Erdbeeren in einem Wüstenklima. Ein einzigartiges Unterfangen.
Inzwischen konnten bereits 200 Jugendliche verschiedene Methoden des klimasmarten Anbaus erlernen. Ihre Arbeit trug schnell erste Früchte: 4.000 Gemüsepflanzen und 400 Melonen haben sie allein in den ersten Monaten angepflanzt. Auch der Anbau des Kamelfutters erweist sich als erfolgreich: Das Kamelfutter wird auf dem lokalen Markt gut angenommen.
Das kleine Land hat Ehrgeiz: "Wir wollen zum Innovation Hub in Ostafrika werden. Dieser Pilot ist erst der Anfang!", erklärt Projektleiter Abdirahman Hassan.
"Ich bin dankbar, dass ich diese praxisbezogene Ausbildung in klimafreundlichen Anbaumethoden erhalten habe. Während meines Studiums war das leider überhaupt kein Thema."