
Indigene in Peru: Gesundheit von Körper und Geist
Wie die SOS-Kinderdörfer indigene Familien in Peru stärken
"Ich will nicht, dass Edu und Ana Unterrichtsstoff versäumen!"
Als das Coronavirus Juliaca erreichte, herrschte in der Familie von Amanda (32) erst einmal große Ratlosigkeit. Wie sollte das mit dem virtuellen Unterricht bloß klappen? Seit Amanda im Jahr zuvor in die Familienstärkung der SOS-Kinderdörfer aufgenommen worden war, hatte sich vieles verbessert für ihre Familie: Die Kinder gingen jetzt regelmäßig zur Schule, sie mussten nicht mehr hungrig schlafen gehen und sie lebten mittlerweile in einer Wohnung, die Strom und Warmwasser hatte.

Corona stellte plötzlich wieder alles in Frage, denn die Schulen wurden von einem Tag auf den anderen geschlossen. Mittlerweile haben sich die Kinder an den Unterricht in Zeiten von Corona gewöhnt: Der sechsjährige Edu, ein Erstklässler, schaltet morgens um 10:00 Uhr den staatlichen Fernsehsender an. Hier läuft um diese Zeit der Unterricht für seine Jahrgangsstufe. Bis 17:00 Uhr muss er dann seine Hausaufgaben machen.
Ana ist in der fünften Klasse, der Fernsehunterricht für ihre Jahrgangsstufe wird am Nachmittag ausgestrahlt. "Meine Kinder fotografieren ihre Hausaufgabenhefte mit meinem Handy und schicken die Fotos dann an die Lehrer. Sie telefonieren auch mit den Lehrern. Und sie recherchieren im Internet für ihre Hausaufgaben. Meine Telefongebühren sind viel höher als vor Corona, aber ich will nicht, dass Edu und Ana Unterrichtsstoff versäumen!"
Indigene in Peru: 48 Sprachen
In Peru gibt es 48 offiziell anerkannte Sprachen, was die Vielfältigkeit der dortigen Kultur widerspiegelt. Die indigenen Völker des Landes leben vor allem in den Bergregionen und im Dschungel. Von den zehn Programmen, die die SOS-Kinderdörfer in Peru haben, sind vier in eben diesen Regionen angesiedelt.
Ayacucho etwa, einer der Orte, an dem unsere peruanischen Mitarbeiter:innen der SOS-Kinderdörfer eine Gemeinde mit 20 Familien betreuen, ist mehr als eine ganze Tagesreise vom „Basislager“, dem nächsten Sozialzentrum der SOS-Kinderdörfer, entfernt; wollen unsere Kolleg:innen dorthin reisen, bedeutet das eine lange Autofahrt, gefolgt von einer Bootstour und einem einstündigen Fußmarsch. Die Besuche einer entlegenen Gemeinde wie Ayacucho sind deshalb stets als Vier-Tage-Reisen angelegt.
Die Abgeschiedenheit vieler indigener Gemeinschaften erschwert ihnen den Zugang zu grundlegenden Gütern und Dienstleistungen wie Bildung und medizinischer Versorgung. Eines von drei Kindern muss arbeiten gehen, um das Überleben der Familie zu sichern. Zur Schule gehen sie nicht oder nur ab und an. Aufgrund fehlender Bildung und Ausbildung droht ihnen dasselbe Schicksal wie ihren Eltern und Großeltern – ein Leben als Tagelöhner. Ein unhaltbarer Zustand. Viele peruanische Ethnien sprechen nur wenig Spanisch, was schon im Alltag immer wieder Probleme aufwirft. Mit dem Ausbruch von COVID-19 kam im Frühjahr 2020 zum täglichen Überlebenskampf noch eine weitere Herausforderung hinzu.