Gendersensible Sprache

Wir haben uns bei den SOS-Kinderdörfern dafür entschieden, unsere Texte geschlechtsinklusiv zu formulieren. Warum uns das wichtig ist und was das mit unserem Selbstverständnis als Kinderschutz-Organisation zu tun hat.

Wir als moderne Organisation müssen ein positives Zeichen nicht nur mit unseren Taten, sondern auch mit der von uns verwendeten Sprache setzen. Mithilfe gendergerechter Sprache wollen wir erreichen, dass unsere Sprache alle Menschen gleichermaßen anspricht.

Eine inklusive Sprache spiegelt die Programmarbeit der SOS-Kinderdörfer wider, die für eine gleichberechtigte und inklusive Weltanschauung steht.

Kinder und Jugendliche sollen in unseren Programmen frei und ohne geschlechterspezifische Einschränkungen aufwachsen können. Leider sind weltweit Frauen und Mädchen noch immer benachteiligt, haben weniger Bildungschancen und werden auch hierzulande häufig noch weniger für ihre Leistungen honoriert als Männer.

Oft hören wir Argumente wie "Wenn ich 'Ärzte' sage, sind doch automatisch auch Ärztinnen mit angesprochen." Das ist gut gemeint, spiegelt jedoch die Realität nicht wider. Worte erzeugen Bilder im Kopf, die die Wirklichkeit prägen. Bei Ärzten denkt die überwiegende Mehrheit nun mal an Männer in weißen Kitteln, nicht aber an Frauen.

Es geht uns bei der Verwendung des Doppelpunktes nicht nur um die stärkere Repräsentation von Mädchen und Frauen, sondern auch der LGBTIQ-Gemeinde.

Bei über 259.000 von uns betreuten Kindern wird es sicher nicht überraschen, dass auch wir Kinder und Jugendliche großziehen, die intersexuell oder transsexuell sind. LGBTIQ-Kinder und -Jugendliche werden noch immer in vielen Ländern diskriminiert, ausgegrenzt, verfolgt und geächtet. Das ist nicht Teil unseres Selbstverständnisses als Kinderschutzorganisation und dagegen stehen wir entschieden ein. Diesem Anspruch möchten wir nicht nur mit unseren Programmen, sondern auch in unserer Kommunikation gerecht werden. Mit geschlechtergerechter Sprache möchten wir niemandem etwas wegnehmen. Im Gegenteil: Wir öffnen die Sprache, geben Aufmerksamkeit, wo sie fehlt.

Durch den Doppelpunkt werden bei jeder Ansprache also auch Frauen, Mädchen und Mitglieder der LGBTIQ-Gemeinde mitgedacht. Wenn man in seiner Sprache zeigt, dass man sich dessen bewusst ist, setzt man ein Zeichen: Wir sehen auch die, die unsere Gesellschaft an den Rand drängt.

Für uns ist die Diskussion um das Gendern daher im Kern keine politische, sondern eine moralische Frage: Wen integriere ich, wen schließe ich aus? Wir integrieren alle. Das ist für uns als NGO eine sehr wichtige Botschaft.

Sprache formt eine Gesellschaft und ist dem stetigen Wandel unterlegen. So hat sich auch die deutsche Sprache in den vergangenen Jahrhunderten stetig weiterentwickelt. Eine Tatsache, der wir im Rückblick dankbar gegenüberstehen – so gehören Worte wie "Weib" oder "Fräulein" im alltäglichen Sprachgebrauch der Vergangenheit an.

Uns ist bewusst, dass der Doppelpunkt nicht immer die galanteste Form darstellt. Wir haben uns – dort wo er unvermeidlich ist – für den Doppelpunkt entschieden, da er barrierefrei ist. Das heißt, in Online-Beiträgen wird der Doppelpunkt sehbehinderten und blinden Menschen einfach als kurze Pause vorgelesen. Zusätzlich wollen wir beispielweise mit Synonymen und Umschreibungen erreichen, dass Texte abwechslungsreich bleiben. Und doch sehen wir nach fast einjähriger Verwendung des Doppelpunktes: Man gewöhnt sich daran.

Gesellschaftliche und auch sprachliche Veränderungen beginnen oft im Kleinen und werden von Minderheiten angeregt. Sich daran zu gewöhnen und alte Gewohnheiten abzulegen, braucht Zeit. Uns ist bewusst, dass dieser Schritt noch nicht von der gesamten Gesellschaft mitgetragen wird. Ob sich der Doppelpunkt oder vielleicht etwas ganz Anderes durchsetzt? Wir wissen es nicht und bleiben gegenüber dem Ergebnis dieser Debatte offen.

Bis dahin hoffen wir, dass unsere Spenderinnen und Spender diese Entscheidung akzeptieren können und uns weiterhin unterstützen. Damit wir auch weiterhin Kindern und Familien in Not beistehen können.

 

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